Cross Racing Championship (Take 2) geschrieben von Johannes Posch
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Start your Engines! Die Ampel springt auf Grün, der Motor heult auf und wir rasen mit quietschenden Reifen auf die erste Kurve zu. Eine enge Rechtskurve führt uns von der asphaltierten Strecke direkt auf eine staubige Off-Road-Piste. Aber wir haben einen Moment zu früh aufs Gas gedrückt und prompt bricht der Wagen aus, doch wir reißen das Lenkrad herum und schaffen es noch den Wagen auf der Strecke zu halten. Wir kämpfen uns an einem Gegner nach dem anderen vorbei und genießen mit der Zeit eine komfortable Führung. Beflügelt von dem bisherigen Erfolg nehmen wir uns vor, in der letzten Runde noch eine Bestzeit hinzulegen, doch da passiert es! In der letzten Doppelkurve auf losem Untergrund geben wir zu viel Schub und verabschieden uns prompt in den Wald. Zum Glück hat der Wagen keinen Schaden genommen und wir schaffen es zurück auf die Strecke, aber der Zweitplatzierte taucht sofort in unserem Rückspiegel auf und nimmt besagte Kurve leider perfekt. Er nutzt seinen Geschwindigkeitsvorteil und so sehr wir uns auch bemühen, er zieht auf der Zielgeraden an uns vorbei und macht uns zum undankbaren Zweiten! Schreiend drehen wir uns kurz zur Seite und beißen in unser Lenkrad! Willkommen bei Cross Racing Championship, dem Rennspiel der ungarischen Invictus-Studios! Gameplay Wie oben schon angedeutet, ist Cross Racing Championship eine beinharte Simulation! Egal ob ihr euer Gefährt über staubige Landstraßen scheucht oder auf einer asphaltierten Straße die Reifen qualmen lasst: Nahezu jeder Wagen unter eurem virtuellem Hintern stellt sich als Zicke auf vier Rädern heraus! Somit gleich einmal eine kleine Anmerkung: Ein gutes Lenkrad ist für dieses Spiel absolute Pflicht! Ist diese Voraussetzung aber einmal erfüllt, kann man getrost in das Spiel starten. Zu diesem Zweck stehen natürlich mehrere Modi zur Verfügung. Das Herzstück für längere Sessions ist der Karrieremodus, in dem man sich von Rennen zu Rennen arbeitet und somit immer mehr Fahrzeuge, Strecken und Upgrades freischaltet. Für kurze Rennen gibt es dann noch die Modi "Schnellrennen", wo man die verschiedenen Strecken in Ruhe mit Gegnern ausprobieren kann, "Zeitfahren", um seine Ideallinie zu perfektionieren und "Freie Fahrt", der gemütliches Üben erlaubt. Über Stock und Stein, so muss das sein! Eine kleine Besonderheit des Spiels sind die Rennstrecken! Denn diese sind nicht wie sonst meist üblich entweder nur asphaltierte Straßen oder staubige Off-Road-Pisten, sondern werden, was den Untergrund betrifft, bunt gemischt. So startet ein Rennen zum Beispiel auf Asphalt, biegt in einen staubigen Waldweg ab und zwingt den Fahrer gleich darauf in ein Flussbett, aus dem er kurz danach in hohem Bogen wieder auf eine Straße springt. Das ist nicht nur fordernd, sondern macht auch eine ganze Menge Spaß! Und für Abwechslung haben die Mannen bei Invictus auch gesorgt! Alles in allem gibt es über 60 verschiedene Strecken in sechs unterschiedlichen Umgebungen. In Ungarn zum Beispiel kann man sich auf einer Offroadstrecke mit gelegentlichen High-Speed-Kurven austoben, während dem Spieler auf den bildschönen Stränden der amerikanischen Küste der Sand um die Ohren fliegt. Oder man pflügt sich durch den finnischen Schnee und lernt dort das Driften in Perfektion, nur um wenige Rennen später die Slicks auf die Räder aufzuziehen und es auf einer deutschen Rennstrecke krachen zu lassen. Weiterhin stehen dann noch Frankreich und England auf dem Reiseplan, wo man sich in malerischen Umgebungen und auf engen Landstraßen mit den Gegnern heiße Duelle liefern kann! Dreckschleudern! Sieben Wagen und ein Bonus-Auto stehen dem geneigten Zocker zur Verfügung, um Gas zu geben. Da wäre zu allererst ein "Corus" genanntes Kleinwägelchen, das von der Form her ein wenig an den kleinsten Spross der Firma "Ford" erinnert. Er ist ein Fronttriebler und der erste fahrbare Untersatz, der zur Verfügung steht. Doch gleich nach den ersten Rennen wird der Fuhrpark um ein weiteres Auto erweitert. Den "Quadro AD", der optisch an einen der berühmtesten Rallywagen des Herstellers "Audi" angelehnt wurde. Wenige Rennen später bekommt man gleich noch einen Wagen unter die virtuellen vier Buchstaben gesetzt. Dieser ist ein klassischer Strandbuggy wie er zum Beispiel auch in Half-Life 2 aufgetaucht ist, fährt sich hier aber natürlich wesentlich anspruchsvoller! Nach einiger Zeit darf man dann auch in einem "C-Racer 4x4" genannten Jeep oder in einem Renn-Pickup Platz nehmen. Die letzten zwei Wagen fallen unter die Kategorie "tiefer-breiter-schneller"! Der "Revo GT" ist zum Beispiel ein eher altmodisch aussehender Sportwagen, der aber nur auf den ersten Blick klapprig wirkt, denn in schon recht beeindruckenden 6,3 Sekunden schafft dieses Baby den Spurt auf 100 km/h! Aber damit ist die Spitze der Fahnenstange noch lange nicht erreicht, denn der "Scheforn" genannte Roadster hat richtig Power unter der Haube! Er durchbricht schon nach nur 4,7 Sekunden die magische 100er-Grenze. Und das alles im ungetunten Zustand! Ja, auch Cross Racing Championship springt auf den aktuellen Tuning-Zug auf und bietet die Möglichkeit, die Wagen aufzumotzen! Allerdings nicht in der Art und Weise, wie man es sich von einer Simulation erhoffen würde. Nach gewissen erfolgreich absolvierten Rennen werden dem Spieler einfach Updates in drei Stufen für die Wagen geschenkt. Auch Einstellungsmöglichkeiten, wie man sie bei einem Spiel erwarten würde, dass ein derart realistisches Fahrmodell vorzuweisen hat, gibt es nicht. Das besagte Physikmodell ist voll auf Realismus ausgelegt. Egal ob Bodenunebenheiten oder der Wechsel auf einen anderen Bodenbelag, das Fahrmodell reagiert auf alles haargenau, was dazu führt, dass schon der kleinste Fahrfehler in einem deftigen Abflug enden kann. Dieser bringt dann das Schadensmodell zum Vorschein, das durch ein farbiges Bildchen des Wagens auf dem HUD dargestellt wird. Spielt man auf dem höchsten Realismusgrad, können schon kurze Begegnungen mit einem Baum zum schnellen "schwarz-werden" diverser Teile der Grafik führen. Das bedeutet dann, dass dieser Part endgültig ausgefallen ist. Apropos Schwierigkeitsgrad: Derer bietet das Spiel fünf. Von einem Anfängermodus bis hin zur Profieinstellung lässt sich regeln, wie realistisch das Fahrverhalten ist, wie schnell und schwer die Wagen Schaden nehmen und natürlich wie gewieft sich die Gegner verhalten. Diese haben übrigens in jedem einzelnem Grad einiges auf dem Kasten. Die Programmierer haben eine clevere künstliche Intelligenz zusammengeschraubt, die es ermöglicht, den Fahrern gewisse Emotionen zu verleihen. Rempelt man sie zum Beispiel von hinten an und versucht dann, an ihnen vorbeizukommen, kann es gut sein, dass sich besagter Kontrahent mit einem ebensolchen Rempler revanchiert. Kommen wir zur Steuerung: Diese Kategorie ist bei Cross Racing Championship ein Thema, das etwas breiter beschrieben werden muss, da es in direktem Zusammenhang mit den wählbaren Perspektiven steht. Warum? Aus irgendeinem Grund verhalten sich die Wagen bei verschiedenen Sichtwinkeln nämlich unterschiedlich. Steuert man sein Fahrzeug zum Beispiel aus einer Außerperspektive hinter dem Automobil, fährt sich jedes einzelne träge und schwammig, was es nahezu unmöglich macht, vor allem mit der Tastatur, ein Rennen zu gewinnen. Wechselt man allerdings in eine der zahlreichen und allesamt erstklassig aussehenden On-Board-Perspektiven, fühlt sich das Fahren plötzlich viel direkter und beherrschbarer an, auch mit dem Keyboard. Dieses sollte aber dennoch nur als Notlösung angesehen werden. Menschliche Gegner braucht das Land! Ja, Cross Racing Championship hat natürlich auch einen Multiplayer-Modus an Bord. Und davon gleich mehrere. So kann man über ein Netzwerk oder das Internet mit bis zu acht Spielern entweder ein Cross-Rennen absolvieren, sich im "Freie Fahrt"-Modus einfach ordentlich austoben oder in einem "Capture-the-Flag"-ähnlichen Spieltyp um Punkte kämpfen. Doch auch für Leute, die einfach nur Freunde neben sich sitzen haben und diese irgendwie einbinden wollen, hat sich Invictus etwas einfallen lassen. Unter dem verheißungsvollen Namen "Heißer Stuhl" lassen es bis zu fünf Fahrer nacheinander in ein und demselben Wagen auf derselben Strecke qualmen. Wer die schnellste Zeit hinlegt, geht als Gewinner aus dem Duell hervor. Doch leider haben die geplanten Multiplayerfreuden noch einen kleinen Haken: Es gab zu keiner von uns getesteten Tages- oder Nachtzeit ein offenes Spiel. Was aber gefunden wurde, ist ein jetzt schon nett vorbereitetes Mod-Eck auf der Homepage des Spieles. Dort werden im Moment nur diverse Editoren angeboten und weitere Tipps gegeben, doch wenn alles nach Plan läuft, sollten sich in diesen Rubriken bald zusätzliche Wagen, Strecken, Skins oder gar neue Spielmodi finden! Licht und Schatten Optisch macht Cross Racing Championship einen passablen Eindruck. So glänzt die hauseigene Invictus-Engine mit Eigenschatten, detaillierten Automodellen, womit vor allem die voll animierten Cockpits gemeint sind und annehmbarer Weitsicht. Außerdem lesen sich die verfügbaren Grafik-Features wie ein Wörterbuch der modernen Grafiktechniken. High-Dynamic-Range-Imaging, Bump Mapping, Specular Lighting, verschiedene Pixel-Shader und so weiter und so fort! All diese Spielereien helfen aber nicht, um den Minuspunkt der stellenweise eigenartig wirkenden Bodentexturen zu kaschieren. Auch die Staubeffekte wirken etwas unrund. Ein weiteres Manko ist der unverständlich hohe Hardwarehunger. Will man also Cross Racing Championship in seiner vollen Pracht genießen, benötigt man ein hardwareseitig sehr gut ausgestattetes System. Doch zum Glück haben die Entwickler ein sehr umfangreiches Grafikoptionsmenü eingebaut, das es möglich macht, auf nahezu jedem halbwegs aktuellen System ein flüssiges Spielerlebnis herauskitzeln zu können. Radkastenorchester Quietschende Reifen während sich der Wagen driftend in die Kurve legt, wird abrupt durch lautes Rascheln und starke Schläge abgelöst, wenn die Räder die lose Erde aufwirbeln und die erste Bodenwelle den Wagen aushebt. Der Motor heult auf, mit einem hörbaren Klacken wird der nächste Gang reingehauen und in dieser kurzen, ruhigen Phase wird von hinten deutlich das Motorengeräusch des Verfolgers hörbar, der unserem Wagen dicht an der Stoßstange klebt. Ihr seht schon, akustisch macht Cross Racing Championship eigentlich fast nichts falsch. Den einzigen Kritikpunkt in dieser Kategorie könnte man vielleicht in der Musikuntermalung finden. Denn der sehr rockige Sound passt zwar zu den rabiaten Rennen, könnte aber nicht jedermanns Sache sein. Allerdings ist hier einiges durch den Spieler recht leicht veränderbar. So kann man ganz einfach seine eigenen Lieblings-MP3s in das Spielverzeichnis kopieren und sich fortan von diesen berieseln lassen. Ein weiteres cooles Feature betrifft die Sprüche, die man als Fahrer loslassen kann. Schnappt man sich ein Mikro und speichert von sich selbst ein paar Kommentare ein, sind diese im Handumdrehen ebenfalls ins Spiel eingebaut. Cross Racing Championship ist Lust und Frust! Einerseits weiß das Konzept der "wilden" Strecken sofort zu gefallen und auch die Grafik ist schick anzusehen. Andererseits ist das Fahrverhalten teilweise fast schon unbeherrschbar und auch der Simulationsansatz wirkt nicht ganz ausgereift. Wenn man noch dazu kein Lenkrad sein Eigentum nennt, sollte man lieber gleich die Finger von dem Spiel lassen. Denn nur mit der Tastatur wird ein Rennen in diesem Game schnell zu einer nervenzerfetzenden Geduldsprobe! Mein Rat? Für Freunde von arcadigen Rennspielen gilt: Demo holen und dann noch mal drüber schlafen. Echte Fans von realistischen Racing-Games können diesen Schritt aber einfach überspringen, da das Spiel zudem noch mit einem Budgetpreis lockt. (13.09.2005)
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