Call of Juarez (Ubisoft) geschrieben von Hans Thiel Grundlage für dieses Preview: Öffentliche Singleplayer-Demo vom August 2006
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Lichtscheue Gestalten in verrauchten Saloons, ein Duell in der untergehenden Sonne. Tödlich getroffen sinkt einer der Kontrahenten in den Staub. Vorsichtig lugen die Bewohner durch die Ritzen ihrer Fensterläden und langsam erwacht die Stadt aus ihrer Angststarre. Die Westernatmosphäre, wie sie in hunderten Filmen, Büchern und Liedern zum Leben erweckt wird, übt seit jeher eine ganz besondere Faszination aus. Mit "Call of Juarez" bringt Ubisoft ein Spiel, das dieser Atmosphäre gerecht werden und den Spieler in längst vergangene Zeiten transportieren will. Die vorliegende Demoversion beinhaltet zwei frühe Episoden des Spiels und bringt den Spieler direkt ins Geschehen, ohne zu viel von der Handlung preiszugeben. "Call of Juarez" erzählt die Geschichte aus der Sicht der beiden Hauptprotagonisten, die sich, wie es der Zufall so will, überhaupt nicht grün sind. Ray, ein alter Priester und ein, so lassen die Andeutungen vermuten, ehemals sehr schießwütiger Revolverheld, legt nach vielen Jahren des Priesterlebens wieder seinen Pistolenhalfter an, um den Tod seines Bruders zu rächen. Er verdächtigt den jungen Billy und macht sich auf die Jagd. Billy wiederum scheint lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein; die einzige Möglichkeit zu überleben ist, seine Unschuld zu beweisen, bevor der wütende Ray ihn findet. Der Spieler erhält somit die interessante Möglichkeit, sich selbst zu verfolgen und in wechselnden Episoden jeweils den einen oder den anderen Charakter zu verkörpern. Spielerisch unterscheiden sich beide vor allem in der Wahl der Waffen und daraus resultierend in der Vorgehensweise, anstehende Schwierigkeiten zu überwinden. Ray hat mit dem Priestergewand fast alle Hemmungen abgelegt, vertraut ganz auf die Stimme Gottes und vor allem auf seine zwei Revolver. Billy ist, zumindest in der Demoversion, zu Beginn lediglich mit einer Peitsche bewaffnet, die er zwar auch zur Verteidigung einsetzen kann, deren Hauptnutzen jedoch darin besteht, Gegenstände heranzuholen oder sich an Baumstämmen abzuseilen. Meist bietet überlegtes und bedachtes Vorgehen für ihn die besseren Überlebenschancen. Steuerung Die Bedienung von "Call of Juarez" ist vor allem zu Beginn etwas hakelig. Auch wenn "Bullettime"-Effekte nun schon langsam ein alter Hut sind, ist der sogenannte Konzentrationsmodus doch etwas gewöhnungsbedürftig. Dabei läuft die Zeit verlangsamt ab und zwei Fadenkreuze, eines für jeden Revolver, wandern langsam aufeinander zu. Nun gilt es, die wandernden Fadenkreuze irgendwie in Richtung der Gegner zu bewegen und die zugehörige Waffe abzufeuern. Wer diesen Modus meistert, kann durchaus vier oder mehr Gegner ohne einen Gegentreffer in den Staub schicken. Überlappen sich die Fadenkreuze schließlich, läuft die Zeit wieder mit normaler Geschwindigkeit ab. Ähnlich verläuft auch der Duelliermodus: Ein Counter läuft ab und sobald dieser Null erreicht oder der Gegner die Waffe zieht, gilt es, diesen, so schnell es geht, auszuschalten. Die Duellanten können sich lediglich nach links und rechts lehnen; die Wahrscheinlichkeit, einen Treffer zu landen, ist also relativ hoch. Leider geht das dem Gegner genauso - Geschwindigkeit und gutes Zielvermögen ist hier alles. Die Trefferquote der Waffen ist teilweise überraschend schlecht, was für die der Gegner glücklicherweise ebenfalls gilt. Die geringe Kapazität der Revolver tut ihr übriges, und so findet sich der Spieler häufig verzweifelt nach Deckung suchend wieder. Das ist aber eher willkommener Realismus denn Spielhindernis. Die Wahl der Waffen "Call of Juarez" bietet eine ganze Reihe typischer Waffen, angefangen von verschiedenen Revolvern und Gewehren über Bögen bis hin zu Billys Peitsche. Die Waffen einer Gattung unterscheiden sich allerdings nur marginal, eine Veränderung des Schießverhaltens bei unterschiedlichen Revolvern lässt sich jedenfalls nicht feststellen. Vor allem bei schon etwas angerosteten Bleispritzen ist aber Vorsicht geboten, bei häufigem Gebrauch kann schon mal der Lauf anfangen zu qualmen; das sollte für den erfahrenen Schützen ein Zeichen sein, die Waffe entweder zu entsorgen oder zumindest für eine Weile ruhen zu lassen, denn ein von Hitze verzogener Lauf kann sehr unangenehme Folgen haben. Grafik Grafisch ist "Call of Juarez" sehr schön ausgearbeitet, auch wenn einige Texturen ein klein wenig mehr Schärfe vertragen könnten. Die staubige Westernatmosphäre mit Holzbauten in den verschiedensten Stadien des Zerfalls ist sehr gut umgesetzt, auch die Vegetation lässt kaum Wünsche offen. Die grafische Pracht fordert auch aktuelle Rechner, mit allen Einstellungen auf Maximum kann es durchaus zu einigen Rucklern kommen. Die Optionen für die Grafik sind aber vielfältig, und so lässt sich die Performance des Spiels gut an das vorhandene System anpassen, um ein reibungsloses Spielvergnügen zu gewährleisten. Hervorzuheben sind auch die Ladebildschirme; die gezeigten Figuren wirken sehr glaubwürdig und vermitteln dem Spieler eine gute Vorstellung vom Aussehen des gerade verkörperten Charakters. Sound Der Sound ist hervorragend. Vor allem die Synchronsprecher leisten einen großen Beitrag, die Figuren authentisch und glaubwürdig zu verkörpern. Die brüchige, verbitterte Stimme von Ray, die dann so plötzlich und mit Überzeugung den Gegnern biblische Verse entgegenschleudert, oder die zögernde, unsichere Stimme von Billy umschließen die Darstellung der beiden Hauptcharaktere und füllen sie mit Leben. Von einigen Problemen bei der Grafikdarstellung und der, vor allem zu Beginn etwas hakeligen, Steuerung abgesehen, macht "Call of Juarez" einen sehr guten Eindruck. Das Spiel schafft es, eine glaubwürdige und in sich geschlossene Westernatmosphäre zu erschaffen. Die Aufteilung der Geschichte in die Erlebnisse der verfeindeten Hauptcharaktere bietet sicherlich Stoff für einige interessante Wendungen. Bleibt abzuwarten, ob dieses Potenzial ausgeschöpft wurde. Für alle, die mal wieder einen Shooter in einer etwas anderen Umgebung erleben wollen, aber sicherlich zu empfehlen. (04.09.2006)
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