Vivisector: Beast Within

Vivisector: Beast Within

(Frogster Interactive)

geschrieben von Bernd Wolffgramm

 

Wieder einmal wagt sich ein neuer Entwickler an einen Egoshooter. Diesmal haben sich die Programmierer der russischen Softwareschmiede Action Forms daran gemacht, ein reines Singleplayer-Actionspiel zusammenzustellen. Damit folgt man bewusst nicht dem Trend, Egoshooter vor allem für die Mehrspieler-Fraktion zu entwerfen, wie das in letzter Zeit von vielen Spiele-Publishern bevorzugt worden ist. Frogster Interactive zeichnet sich für den hiesigen Markt verantwortlich und hat nun die deutsche Fassung vorgelegt, um die es im Vorfeld schon viel Wirbel gegeben hat, weil die zunächst vorgelegte Version keine USK-Freigabe erhalten sollte, mit der Begründung, dass das Spiel einfach zu brutal sei. So wurde der Release-Termin verschoben und die Programmierer besserten die in Deutschland erscheinende Version nach, so dass die USK letztendlich doch die Bewertung "ab 18 Jahren" vertreten konnte. Im Zuge dieser Entschärfung verschwand die Darstellung der Schusswunden bei menschlichen Feinden. Ob diese Veränderungen nun einen Einfluss auf das Spiel haben, soll im Folgenden geklärt werden.

Die Geschichte

In jedem Egoshooter gibt es einen Helden oder eine Heldin. Das ist auch in "Vivisector: Beast Within" nicht anders. Diesmal ist der Protagonist ein Offizier der Navy Seals namens Kurt Robinson. Er wird mit seinem Team auf eine Insel geschickt, um dort angeblich einen Aufstand niederzuschlagen, doch schon bald stellt sich heraus, dass etwas mit diesem Eiland nicht in Ordnung ist. Von einem Aufruhr ist überhaupt nichts zu sehen, dafür sterben die Teammitglieder reihenweise an Verwundungen, die ihnen durch Angriffe von seltsamen Tieren zugefügt werden. Kurt Robinson überlebt als Einziger und wird per Funk zu einer bestimmten Stelle der Insel geleitet, wo ihn ein Rettungsflugzeug aufnehmen soll. Doch als er am Landplatz ankommt, sieht er gerade noch, wie das Flugzeug abgeschossen wird. Nun meldet sich über Funk ein General namens Dogstone und erklärt Robinson nach und nach, was der eigentlich Grund für die Mission gewesen ist: Das Team sollte als "Kanonenfutter" für ein Experiment herhalten, bei dem die Kampfeinsatzfähigkeit verschiedener biologisch veränderter Kreaturen getestet werden sollte. Das waren die Bestien, die Robinsons Team vernichtet haben.

Wie das in solchen Spielen so ist, gibt es dann aber einen Lichtblick: Per Funk meldet sich ein anderer überlebender Soldat und die beiden Kämpfer beschließen, sich zu treffen und gemeinsam nach einem Ausweg zu suchen. Und da beginnt der Kampfeinsatz für Robinson, er muss sich natürlich über die ganze Insel kämpfen. Auf dem Weg zu seinem Kameraden ballert er sich durch drei Zonen. Im ersten Sektor bekommt er es mit vierbeinigen Tieren mit implantierten Waffen zu tun. Sie werden als "modifizierte Bestien" oder kurz "ModBestien" bezeichnet. Diese experimentell erzeugten Wesen sind unterdurchschnittlich intelligent, aber ohne Einschränkungen gehorsam und tödlich. Etwas weiter oben am Berg, in der Inneren Zone, attackieren ihn dann zweibeinige Lebewesen auf der Basis von Tierkörpern mit hohem Intelligenzquotienten und der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Jede Art von Tiermensch ist in der Lage, bestimme Waffen zu gebrauchen. Die herausragendsten Exemplare dieser zweiten Gattung - auch Hybridwesen genannt - werden in den "Tempel der Wiedergeburt" verlegt, wo sie weiterentwickelt werden. In dieser letzten Zone leben die "Overbrutes", anorganische zweifüßige Kreaturen mit künstlicher Intelligenz, darauf programmiert, unter wechselnden feindlichen Bedingungen komplexe taktische und strategische Aufgaben dynamisch zu verfolgen.

Inhaltlich ist "Vivisector: Beast Within" die klassische Story: Der kleine Mann rennt los und rettet die Welt. In diesem Fall will er die Menschheit vor der Invasion der experimentell erzeugten Wesen bewahren und trifft auf seinem Weg immer stärkere Gegner, die er dann mit seinem ständig besser werdenden Waffenarsenal in Schach halten muss. Dabei unterstützt wird er durch ein Wegpunkt-System, er läuft von einem Checkpunkt zum nächsten.

Gameplay

"Vivisector: Beast Within" ist ein Egoshooter reinsten Wassers, ein Action-Spiel aus der Ich-Perspektive, bei dem nicht viel taktiert werden muss. Ziel ist es, am Leben zu bleiben. Das ist leichter gesagt als getan, denn dadurch, dass das ganze Setting der Fantasie entsprungen ist, brauchten sich die Programmierer nicht besonders stark an reale Gegebenheiten zu halten. Wer hier Kampfrealismus á la Battlefield 2 oder Call of Duty 2 sucht, wird ihn nicht finden. Die Gegner sehen Robinson immer zuerst, manche Bestienarten können sich bis fast zur Unsichtbarkeit tarnen und andere materialisieren sich wenige Meter vor Robinson aus dem Nichts. In anderen First Person Shootern geforderte Fähigkeiten wie Schleichen und Taktieren sind nicht gefragt, dafür sollte man dafür sorgen, dass Robinson niemals die Munition ausgeht. Die Bestien sind allesamt körperlich sehr stark und die bewaffneten Spezies können mit ihren Wummen umgehen. Zusätzlich zu den Mutanten muss sich Robinson auch noch mit menschlichen Feinden herumschlagen, denn in diesem Spiel wechseln schon mal die Fronten und Freunde werden plötzlich zu Feinden (und anders herum).

Neben dem trainierbaren Kampfverhalten sieht das Spiel die Möglichkeit vor, die Eigenschaften des Spielcharakters strukturell zu verbessern, um so seine Überlebenschancen zu erhöhen. Diese Spielerentwicklung wird in diesem Spiel nicht durch Erfahrung betrieben, sondern die Eigenschaften Geschwindigkeit, Widerstandskraft, Zielgenauigkeit und Gesundheit können "dazugekauft" werden. Es gibt aber keine Währung oder Shops, sondern der Spieler enthält im Game für bestimmte Handlungen Punkte, die er dann, sobald genügend Punkte erspielt wurden, sofort für einen Ausbau der möglichen Eigenschaften ausgeben kann, wenn er dies denn möchte. Punkte gibt es für ganz normalen Spielfortschritt, für Treffgenauigkeit und Unverletztheit. Zusätzlich kann er für besonders cleveres Verhalten Bonuspunkte erhalten, etwa wenn er auftauchende Bestien besonderes schnell erledigt (Speed-Kills), wenn er mehrere Feinde auf einmal tötet (Multi-Kills), wenn er Bereiche durchforstet, die nicht notwendigerweise zum Spielfortschitt beitragen (Gebietserkundung) oder wenn er einen der wenigen geheimen Bereiche entdeckt. Zusätzlich zu seinen Grundwerten kann der Spieler auch noch Werte wie den Umgang mit Waffen wie Messern oder Granaten erlernen oder ganz einfach die Magazinkapazität seiner Waffen erhöhen.

Das Spiel verläuft ziemlich linear von einem Wegpunkt zum nächsten. Diese Checkpunkte bekommt er von Zeit zu Zeit von anderen Beteiligten mitgeteilt und sie werden auf der optional einblendbaren Karte angezeigt. Ohne dieses technische Hilfsmittel wäre der Spielcharakter aufgeschmissen, denn häufig bewegt er sich in unübersichtlichem Gelände, wo er den Bestien körperlich weit unterlegen ist. Nur wenn er die Feinde rechtzeitig auf dem Radar/der Karte sieht, hat er eine gute Chance, den nächsten Kampf zu gewinnen. Das schafft er vor allem dadurch, dass er die Feinde an ihren verwundbaren Stellen trifft; jede Rasse hat eine andere Schwachstelle, die es schnell zu finden gilt. Die Karte ist aber relativ klein und kann auf Wunsch auch ganz abgeschaltet werden, dann hat der Spieler den ganzen Bildschirm als Sichtfeld zur Verfügung, die notwendigen Anzeigen für statistische Werte wie Gesundheitszustand, Munitionsbestand und Punktzahl wurden dankenswerterweise klein gehalten, sind aber sehr übersichtlich.

Ein Schrei in der Ferne

Demjenigen, der sich wirklich die Zeit nimmt und "Vivisector: Beast Within" länger spielt, dem kommen Parallelen zu zwei anderen Egoshootern in den Sinn. Das erste Game, an das man erinnert wird, ist Far Cry. Ohne die Brillanz in der Farbgebung zu erreichen, sind die Levels diesem Spiel sehr ähnlich. Es gibt weite Außenlevels und anders als bei anderen Egoshootern läuft man kaum gegen unsichtbare Wände, die den Spielraum begrenzen sollen. In allen Außenmissionen wird dem Spieler viel Auslauf gewährt, den er allerdings kaum sinnvoll nutzen kann, da er eigentlich ein strenges Checkpoint-System abgehen muss. Die Farben der Umgebung wirken ein wenig verwaschen, aber keinesfalls unpassend. Eine weitere Grafikstärke des Spiels sind die unterschiedlichen Wetterbedingungen, unter denen der Held zu leiden hat. Besonders gelungen sind dabei die Regenlevels, die zwar das Vorankommen erschweren, aber wirklich nett animiert worden sind. Gleiches gilt, wenn Kurt Robinson die Spitze des Bergs erklommen hat und dort eine Winterlandschaft vorfindet, die dazu einlädt, die Bretter unterzuschnallen und eine kleine "alpine" Abfahrt hinzulegen. Aber auch die Innenlevels sind abwechslungsreich, neben den wohl obligatorischen Stollen- und Höhlenlevels gibt es einige Häuserkämpfe und auch Duelle in einem fahrenden Zug dürfen nicht fehlen.

Der ernsthafte Junge Sam

Auch an das zweite Spiel, das Vorbild zu "Vivisector: Beast Within" gestanden haben könnte, wird man vor allem durch die Grafik erinnert. Wenn man sich die Skins der Bestien anschaut, weist das Game doch einige Parallelen zu "Serious Sam" auf. Am deutlichsten wird das wohl bei der Gegnerklasse "Panzerbär", die schon stark an den Werebull aus "Serious Sam" erinnert, ein großer bulliger Feind mit einer auf den Rücken geschnallten Kanone. Bei der Gestaltung der Feinde hat sich Action Forms viel Mühe gegeben. Es gibt allein 14 verschiedene Bestienklassen, dazu kommen noch die menschlichen Feinde und Bosse. Alle sind sehr detailgetreu in ihrer Muskel-und Implantatstruktur gezeichnet worden. Und in diesem Bereich liegt auch der anfangs genannte Stein des Anstoßes bei der USK-Klassifizierung: Wenn die Feinde einen Körpertreffer aus der Waffe des Helden erhalten, dann platzen von ihren Torsi ganze Fleischstücke ab und man kann das Skelett oder den Schädelknochen erkennen. Das ist neu und sieht sehr detailgetreu aus, wirkt aber eben sehr brutal.

Nachtigall, ick hör’ dir tapsen

Der Sound wird im ganzen Spiel so eingesetzt und dosiert, wie man es wohl von einem Spiel dieses Genres erwarten wird. Kommt es zu einer Zuspitzung der Ereignisse, nimmt die Hintergrundmusik deutlich an Fahrt auf, sollte man sich dann noch nicht in Gefahr befinden, steht diese definitiv bevor. An manchen Stellen wird durch laute Fanfaren die Entdeckung eines für die Handlung wichtigen Umstands untermalt. Manchmal ist das sehr überraschend und einige Male ziemlich überflüssig, zum Beispiel dann, wenn durch einen Tusch das Entdecken eines Flugzeugwracks "gefeiert" wird, auf das man schon seit Minuten über eine Ebene zugeht. Die Umweltgeräusche sind eher spärlich gesät und wiederholen sich; so hört man zum Beispiel häufiger das Keckern eines exotischen Vogels. Meistens ist aber Stille und man nimmt nur die Schritte oder das eigene Atmen wahr.

"Vivisector: Beast Within" ist anders als andere Egoshooter. Es verzichtet zugunsten der Action auf einige Features, an die man sich über die Jahre schon gewöhnt hat und die man deswegen richtig vermisst, obwohl sie eigentlich nebensächlich sind. Zum Beispiel muss man Waffen nicht nachladen, man kann so lange ballern, bis die Munition alle ist, das macht dann eine Shotgun zu einem Fünfzigschüsser . Auch verfügt keine der Waffen über einen zweiten Feuermodus, das hat es seit vielen Jahren nicht mehr gegeben. Die große Stärke des Spiels ist die überzeichnete Darstellung der Kämpfe mit den Bestien. Es soll jetzt hier keine Diskussion über Killerspiele und sinnlose Gewalt geführt werden, denn dieses Spiel ist eindeutig für Erwachsene gedacht und wenn diese nicht erkennen, dass aufplatzende Körper und Blut (selbst in der gewaltreduzierten dt. Version) nur der Dramaturgie dienen und nicht als Aufforderung zum Massenmord gemeint sind, dann ist ihnen auch nicht mehr zu helfen. "Vivisector: Beast Within" kann sich nicht mit den Platzhirschen des Genres messen, im Vergleich zu Half-Life 2 oder FarCry fehlt einfach zu viel, aber gerade wenn man mal wieder einen spannenden Singleplayer-Egoshooter zocken möchte, ist "Vivisector: Beast Within" einen genaueren Blick wert. Auch soll hier noch darauf hingewiesen werden, dass das Game schon für humane 29,90 € zu haben ist. Mir jedenfalls hat es Spaß gemacht, mich durch die 14 Levels bis zum Endgegner hindurchzuschießen.

(20.01.2006)

Minimale

- 1 Ghz CPU oder höher

- Windows 2000/ XP

- 512 MB RAM

- GeForce 3 (64 MB), Radeon 7000

- 4-fach CD-ROM-Laufwerk

- 3 GB freier Festplattenplatz

- DirectSound-Kompatible Soundkarte

- Direct-X Version 9.0

Entwickler: Action Forms
Publisher: Frogster Interactive
Genre: Egoshooter
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Vivisector - Beast Within
Preis: 29,99 €
Altersfreigabe: Keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG

Kommentare zu diesem Artikel

Kommentare:
Der Kommentar wurde gespeichert!
The Captcha element applies the Captcha validation, which uses reCaptcha's anti-bot service to reduce spam submissions.

Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within
Vivisector: Beast Within