Goodbye Deponia

Goodbye Deponia (PC)

(Daedalic Entertainment)

geschrieben von Christian Schmitz

 

     
 

Mit glücklichen Augen dürfen Adventure-Fans Abschied nehmen: "Goodbye Deponia" schließt unter dem nachhaltigen Gelächter begeisterter Spieler die Pforten der lustigen Müllplaneten-Trilogie. Entwickler Daedalic Entertainment landet im ausklingenden Videospieljahr 2013 nach "The Night of the Rabbit" (http://dlh.net/new/disp.php?review-NightoftheRabbit.dat) sowie "Das Schwarze Auge: Memoria" einen historischen Hit-Hattrick in Rekordzeit.

Witzigkeit kennt keine Grenzen

Nach der spielbaren Einführung lässt es sich "Goodbye Deponia" nicht nehmen, die vergangenen Geschehnisse der Vorgänger "Deponia" (http://dlh.net/new/disp.php?review-deponia.dat) und "Chaos auf Deponia" (http://dlh.net/new/disp.php?review-cadeponia.dat) in besonders gelungener Form nochmals aufzugreifen: Fanboy Barry nutzt die Gunst der Stunde zu einem unterhaltsamen Interview. Eine weitere aberwitzige Heldentat später widmen sich Spielcharakter und Antiheld Rufus mitsamt seiner weiblichen Begleitung Goal, jedoch dem eigentlichen Ziel, nämlich die Zerstörung Deponias zu verhindern und letztendlich das Wolkenreich von Elysium zu erreichen. Größter Widersacher bei diesem Unterfangen ist wiederum der Organon, der genau das natürlich verhindern möchte. Neben bekannten Figuren gesellen sich neue Charaktere wie Cowboy Dodo oder Bozo´s komplette Familienbande dazu.

In der bis zu 15 Stunden andauernden Spielzeit fokussiert sich das Geschehen noch mal deutlich stärker auf Rufus. Durch die Aneinanderreihung unglücklicher Umstände gibt es ihn plötzlich in mehrfacher Ausführung und Begegnungen mit seinen ähnlich aussehenden Feindbildern Argus sowie Cletus lassen sich bis zum großen Finale einfach nicht vermeiden. Das Potenzial seiner sympathischen Rolle wird hier noch mal bis ans Maximum ausgereizt: Rufus nimmt kein Blatt vor dem Mund, ist egoistisch, selbstverliebt, hoffnungslos überheblich, kann sich nicht konzentrieren, lässt kein Fettnäpfchen aus, hält Hygiene für ein katzenartiges Raubtier und schafft beim Lösen von Problemen haarsträubendes Chaos mit verheerenden Auswirkungen. Was sich nach einer besonders anstrengenden Persönlichkeit anhört, entpuppt sich nach so vielen Stunden erfrischender Unterhaltung als moderne Genre-Ikone der Videospielgeschichte, die gern in einem Atemzug mit Guybrush Threepwood aus" Monkey Island" oder dem tierischen Duo "Sam & Max" von der Freelance Police genannt werden darf.

"Goodbye Deponia" sprudelt nur so über vor derben Humor, benennt u. a. Geschlechtsteile, ohne rot zu werden beim Namen und schreckt obendrein nicht vor Unannehmlichkeiten wie Depression oder Sektenkult zurück. Doch gerade bei diesen heiklen Themen beweisen die Entwickler wie schon bei "Harveys neue Augen" ein feines Gespür für den gewagten, aber letztendlich gelungenen Einsatz ohne in Niveaulosigkeiten abzusinken. Unzählige Fingerzeige finden sich auch in einfallsreichen Szenen, die beispielsweise Super Mario, Donkey Kong oder Mission Impossible gekonnt auf die Schippe nehmen. Ohnehin wird die Geschichte nie langweilig, weil sie aufgrund der beinahe pausenlosen Anspielungen und Zitate sowie zahlreichen dynamischen Zwischensequenzen ohne nennenswerten Leerlauf erzählt wird. Für den Übergang zwischen den Kapiteln sorgen wie schon in den Vorgängern witzige Gesangseinlagen von Jan Müller-Michaelis und Chor.

Rätseln für Querdenker

Wenn man also bedenkt, dass in Deponia alles ziemlich verrückt spielt, sind die Rätseleinlagen zwar insgesamt fordernd aber mit ein wenig Überlegung lösbar und erstaunlich einfallsreich. Sogar die anfangs scheinbar aussichtslose Suche nach dem sogenannten Plasmaaustauschfluppidiwuppmammutfellrelais, in erster Linie als Beschäftigungstherapie für Rufus gedacht, gestaltet sich sehr unterhaltsam und letztendlich ergibt es in der Welt des Müllplaneten tatsächlich Sinn. Die Knobeleien laufen dabei über weite Strecken der Spielzeit relativ linear und genretypisch ab, d. h., Dialoge werden geführt, Gegenstände aufgenommen und diese dann entweder im Inventar oder in der Spielumgebung kombiniert, um auf des Rätsels Lösung zu kommen.

Das wird im herausragenden wie anspruchsvollen Schlussdrittel auf ein hohes Level gehievt, was Querdenker besonders fordert und im Aufbau an den Klassiker "Day of the Tentacle" erinnert. Rufus klont sich nämlich selbst, so dass gleich drei von der Sorte im Müll wühlen. Weil sich allesamt jedoch an unterschiedlichen Schauplätzen befinden, muss erstmal ein Knotenpunkt gefunden werden, damit die drei Figuren untereinander Objekte tauschen können. Ist der gefunden, lassen sich diese Aktionen jederzeit per Symbol ausführen. Zur Not hilft die jederzeit aufrufbare Hotspot-Anzeige, um alle Interaktionspunkte einzublenden. Darüber hinaus haben es deutlich mehr Miniaufgaben ins fertige Spiel geschafft, die sich optional überspringen lassen. Beispielsweise muss Rufus in einem Sicherheitsbereich die Kameras in eine bestimmte Richtung ablenken, um Goal zum Ziel zu navigieren. Dabei erinnert das NSA-Szenario optisch an eine schrille Disco-Tanzfläche.

Bunt ist das Dasein und granatenstark

Grafisch hat sich auf den ersten Blick wenig getan. Mit seiner detaillierten, quietschbunten Comic-Grafik erstrahlt der Müllplanet in wunderschönem Glanz ohne auf störendes Schauplatz-Recycling zurückzugreifen. Bei den Animationen wurde spürbar nachgebessert, so dass sichtbar flüssigere Bewegungen auf dem Bildschirm ablaufen. Aktionen wie das Kombinieren von Objekten werden nicht nur angedeutet, sondern witzig und zuweilen überspitzt ausgeführt. Insbesondere die Gestik und Mimik von Figuren überzeugen auf ganzer Linie, damit sich die Stimmungswelt aller Charaktere wunderbar ablesen lässt.

Herausragender Hörgenuss

Akustisch setzt "Goodbye Deponia" die Messlatte für kommende Titel sehr hoch, denn hier passt einfach alles. Geräusch- und Musikkulisse sind absolut stimmig und ideal im Einklang mit der jeweiligen Situation. Selbst unwichtig erscheinende Nebenrollen wurden hochkarätig besetzt, u. a. leiht Rapper Smudo von "Die Fantastischen Vier" dem neuen Charakter Cowboy Dodo seine Stimme und trällert zwei absolut hörenswerte Songs, die obendrein spielerisch sinnvoll integriert wurden. Außerdem sticht Joscha Fischer-Antze, vielen Fans als deutscher Synchronsprecher von Onkel Dagobert Duck bekannt, angenehm heraus. Spielfigur Rufus als auch seine Widersacher Argus und Cletus profitieren von Monty Arnolds fantastischem Einsatz, der ein großartiges Repertoire an Stimmungsschwankungen abfeuert und das bei einer erfreulich umfangreichen Anzahl von Dialogzeilen.

 

 


Fazit

Warum soll man hier noch großartig Worte verlieren? "Goodbye Deponia" schließt eine tolle Point-and-Click-Adventure-Trilogie ab, die vor allen Dingen in Sachen Charakterdesign, Präsentation, Humor und Rätselqualität neue Maßstäbe setzt. Der gravierendste Negativpunkt ist dann auch, dass die Reihe scheinbar zu Ende erzählt ist. Dieses Meisterwerk sollten sich Genre-Liebhaber auf keinen Fall entgehen lassen. (14.11.2013)


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