Battlefield 2

Battlefield 2

(Electronic Arts)

geschrieben von Jan-Tobias "Erdendonner" Kitzel

 

Battlefield 1942 war ein Meilenstein in der Geschichte der Taktik-Multiplayer-Shooter und Battlefield Vietnam ein achtbarer, wenn auch etwas uninspirierter Nachfolger. Nun endlich ist mit Battlefield 2 der sehnlichst erwartete Nachfolger erschienen. Kann er die Vorschusslorbeeren rechtfertigen, mit denen er so reichlich bedacht wurde? Setzt sich Battlefield 2 genauso unangefochten auf den Multiplayer-Shooter-Thron wie damals Battlefield 1942?

Story oder "Wo? Egal!"

DICE hat es sich bei Battlefield 2 recht einfach gemacht und gar nicht erst eine wirkliche Story zu den Schlachten des Spieles geliefert. Die Kriegsparteien kämpfen einfach, mehr hat einen guten Soldaten auch gar nicht zu interessieren. Insbesondere, da die Kämpfer vor jeder Karte einen kleinen Einstimmungstext erhalten, der ihnen erzählt, worum auf diesem Schlachtfeld eigentlich gekämpft wird und was die Ziele der jeweiligen Kriegsparteien sind.

Gameplay oder "Wir marschieren!"

Battlefield 2 flutscht angenehm problemlos auf die Festplatte, wobei es mal eben 2 GB okkupiert. Während des Installationsvorgangs hat man sich in wenigen Minuten durch das wenig hilfreiche - da die wichtigsten Spielfunktionen (insbesondere Teamplay) nur unzureichend erklärende - Handbuch gelesen. Freundlicherweise liefert EA auf der Installations-DVD gleich die aktuellen DirectX- und NVIDIA-Treiber mit, sodass einem schnellen Spiel kaum etwas im Wege steht. Nachdem man im sehr umfangreichen Menü das Programm an seine Vorlieben (etwas krampfige Tastaturbelegung, Grafik, Sound, ...) angepasst hat, entdeckt man schnell die Zweiteilung von Battlefield 2: Einerseits liefert BF2 einen Singleplayermodus, das Kernstück der Präsentation ist andererseits ganz klar der Multiplayerpart. Mit einem frisch erschaffenen Multiplayerkonto blicken wir uns erst einmal ein bisschen um und machen erstaunliche Entdeckungen: Über das so genannte "BFHQ" loggt BF2 so ziemlich jede Aktion eures Multiplayer-Alter Egos mit, führt präzise Buch über eure Erfolge, kann euch genau erzählen, wann die nächste Beförderung fällig ist und mit welchen Orden ihr bereits ausgezeichnet wurdet. Dies alles funktioniert allerdings nur, wenn ihr eurem Multiplayer-Vergnügen auf so genannten "Ranked Servern" nachkommt, also Servern, die von speziellen Anbietern gemietet werden können (in Deutschland K-Play). Diese sind vergleichsweise teuer, gelten dafür aber eben als offizielle Ranked Server. Spielt ihr auf eben solchen, loggt der Server alle eure Aktionen (ob gut oder schlecht) mit, verteilt dafür Punkte und sendet diese später an EA, die daraus wiederum euren Gesamtpunktestand errechnen und so euer BFHQ mit Daten füttern. Ein süchtig machendes Prinzip, da man so bestrebt ist, möglichst viel Zeit auf den Ranked Servern zu verbringen, um so schnell wie möglich die nächste Beförderung, freischaltbare Waffe oder Orden zu ergattern. Einziges Manko an diesem Prinzip: Derzeit existieren noch zu wenige Ranked Server mit vernünftiger Erreichbarkeit (Stichwort "Ping"), sodass es immer wieder zu längeren Wartezeiten kommen kann, bis man endlich auf einem Ranked Server "ran darf". Aber glücklicherweise hat man ein riesiges Angebot an normalen, also Nicht-Ranked-Servern zur Verfügung, auf denen man es sich ebenso gemütlich machen kann, nur eben ohne offizielle Punktezählung. Was bei den Tests des Multiplayer-Modus leider aufgefallen ist: Die Ladezeit ist auch mit schnellen Systemen vergleichsweise lang und das "ich suche einen Server"-Interface reagiert etwas träge und filtert/sortiert auch nicht immer korrekt nach den eigenen Einstellungen, da ist auf schnelle Patch-Abhilfe zu hoffen.

Nach diesen Erläuterungen zum Ranked-System wollen wir uns der eigentlichen Action auf den virtuellen Schlachtfeldern widmen. BF2 bietet für den Multiplayer-Modus zwölf Karten an, jeweils in einer 16-, 32- und 64-Spieler-Variante, sodass die Größe optimal auf die Spieleranzahl angepasst ist und dergestalt jeweils actionreiche Kämpfe ermöglicht (wer will sich mit 16 Spielern auf einer 64er-Karte schon die Hacken platt laufen). Die Karten sind dabei sehr abwechslungsreich gestaltet. Von fahrzeug-lastigen Wüstenkämpfen bis hin zu infanterie-basierten Stadtkampfkarten ist alles dabei, was Action und Abwechslung verspricht. Vor den Leveldesignern kann man einfach nur noch den Hut ziehen: Die Locations sind klasse gestaltet, bieten vielfältige Deckungs- und Schleichmöglichkeiten und "Über"-Locations wurden konsequent vermieden. Das Spiel ist schnell und actionreich und in guter Battlefield-Tradition steht weiterhin der Fun im Vordergrund. So ist es immer noch jedem Soldaten gleich gut möglich, ein Fahrzeug zu lenken oder einen Hubschrauber in die Lüfte zu schwingen; die fahr- oder fliegbaren Untersätze steuern sich dabei angenehm flüssig, die Steuerung geht schon nach wenigen Minuten ohne großes Nachdenken von der Maus. BF2 bietet euch aber nicht nur im Bereich Fahrzeuge eine große Auswahl, auch bei den Soldatenklassen habt ihr die Wahl der Qual. Sage und schreibe sieben soldatische Varianten - jeweils im Aussehen der gewählten Kriegspartei (USA, Arabische Koalition, China) angepasst - harren eurem Können: Scharfschütze, Kampfschwein, Pionier, Support, Sanitäter, Spezialkommando und Anti-Panzer-Soldat. Die Ausrüstung, Sprintfähigkeiten und Panzerung unterscheiden sich jeweils, die einzelnen so genannten "Kits" sind größtenteils gut ausgewogen, sodass "Über"-Klassen vermieden wurden. Einzig der Sniper liefert bisher noch etwas Grund zu Beanstandung, da sein Scharfschützengewehr eine zu geringe Durchschlagskraft aufweist (von einem Balancing per Patch kann allerdings ausgegangen werden).

Wenn ihr euch im Singleplayer-Modus beweisen wollt, habt ihr von den zwölf Multiplayerkarten zehn zur Auswahl, jeweils leider nur in der 16-Spieler-Variante (kleinste Kartengröße). Dafür könnt ihr die Computersoldaten ("Bots") nicht nur als simples Kanonenfutter, sondern auf den beiden höheren Schwierigkeitsgraden auch durchaus als ernstzunehmende Gegner kennen lernen (abgestimmtes Verhalten, taktisches Vorgehen, ...). Trotz der tollen Bots kommt der Singleplayer-Modus nicht über eine Einstufung als "Übungsgelände für den Multiplayer" hinaus, da die einzelnen Karten leider nicht mit einer Story verbunden sind und jeweils nur die 16er-Variante spielbar ist. Warum - trotz der tollen Arbeit, die mit den Bots geleistet wurde - diese weder auf größeren Singleplayer-Karten, noch als Auffüllmöglichkeit in Multiplayer-Spielen (kein Botfill im Multiplayer möglich) angeboten werden, bleibt leider schleierhaft. Dennoch macht der Singleplayer-Modus tierischen Spaß: Die gut eingestellten Bots sind eine echte Herausforderung, die Spielzeit pro Karte relativ gering - sodass man auch "mal eben kurz" ein Spielchen machen kann - und in der Lage ist, in Ruhe diverse Strategien, Fahrzeuge und Soldatenklassen zu testen.

Die Schlachtfelder - ob Multi- oder Singleplayer - trumpfen mit einer genialen Atmosphäre auf: Überall um euch herum tobt die Action, Funkbefehle (gut eingedeutscht übrigens) übertönen kurz die Kampfgeräusche und bei den mächtigen Artillerieeinschlägen steigt der Adrenalinspiegel in unvergleichliche Höhen. Doch nicht nur die Atmosphäre der Karten weiß zu überzeugen, auch das neue BF2-Kampfinterface ist eine lobende Erwähnung wert. War es in den Vorgängern noch relativ umständlich, den Bots oder Mitspielern etwas mitzuteilen, ist dies in BF2 super gelöst worden. Per VoIP könnt ihr (Headset vorausgesetzt) direkt mit euren menschlichen Mit-Soldaten sprechen und das Befehlsinterface (per Taste klappt ein transparentes Minimenü mit den häufigsten Befehlen/Mitteilungen wie "Folge mir" oder "Feind gesichtet") ist angenehm zu bedienen und garantiert so ein schnelles Spiel. Auch die taktischen Möglichkeiten von BF2 überzeugen - insbesondere gegenüber den Vorgängern - auf ganzer Linie. Jede Kampfpartei bestimmt aus ihren Reihen einen Commander und mehrere Squad-Leader, die dann jeweils eine Kampfgruppe ("Squad") aus mehreren Soldaten anführen. Der Commander kann über eine Spezialübersichtskarte den Squadleadern Befehle erteilen, Artillerie abfeuern, Versorgungskisten abwerfen oder Scans durchführen. Die Squad-Leader wiederum erteilen ihrem Squad Befehle und können vom Commander oben genannte Möglichkeiten (z.B. Artillerie) anfordern. Damit liefert BF2 das perfekte Rüstzeug für ein taktisch ansprechendes Spiel, doch im BF2-Herzstück, dem Multiplayer-Modus, ist es natürlich an den Spielern, diese auch zu nutzen. Es ist davon auszugehen, dass mit fortschreitender Verbreitung des Spiels immer mehr Spieler die taktischen Möglichkeiten nutzen werden und so auf vielen Servern verstärkt das Teamplay Einzug halten wird, was insbesondere bei den Clans eh schon selbstverständlich ist und richtigerweise als Schlüssel zum Erfolg angesehen wird.

Grafik oder "Schießt erst, wenn ihr das Weiße in den Augen des Gegners seht!"

BF2 begrüßt euch mit einem sehr gelungenen, atmosphärischen Startvideo in super Grafik, das direkt die Vorfreude auf die eigentliche Levelgrafik steigert. Auch hier enttäuscht BF2 keineswegs: Je nach Einstellungen im Optionsmenü (sehr umfangreiches Tuning möglich) sieht BF2 einfach nur spitze aus, wobei es - als kleinen Tribut an die Möglichkeiten eines Multiplayerspiels - nicht ganz die Klasse eines Far Cry oder Half-Life 2 erreicht. Dennoch überzeugt BF2 grafisch auf ganzer Linie, allerdings solltet ihr - wenn ihr in den vollen Genuss kommen wollt - schon einen relativ aktuellen Rechner euer Eigen nennen, denn der Hardwarehunger der Grafikengine ist nicht von schlechten Eltern. Dafür belohnt euch BF2 dann mit detaillierten Soldaten, hübschen Oberflächen, spiegelndem Wasser, Echtzeitschatten und klasse Lichteffekten.

Sound oder "Klare Ansage!"

Auch im musikalischen Bereich lässt BF2 nichts anbrennen, auch wenn es hier nicht ganz so überzeugen kann wie im Bereich "Grafik". Die Musik ist actionreich und stets passend, doch ein paar mehr Stücke hätten es ruhig sein dürfen. Dafür sind die Synchronsprecher der Kampfbefehle engagiert ans Werk gegangen und insbesondere die In-Game-Sounds (Waffeneffekte, Naturgeräusche, Fahrzeugsound, ...) wissen zu überzeugen.

Battlefield 2 macht süchtig! Der Multiplayer-Modus wird auf absehbare Zeit den Bereich der "Taktik-Multiplayer-Shooter" beherrschen, da die genial designten Level, die neuen taktischen Möglichkeiten, das klasse Fahrzeugangebot und das angenehme Interface derzeit keine Konkurrenz zu fürchten haben. In Verbindung mit der tollen Grafik und dem überzeugenden Sound (die mangelnde Musikabwechslung mal außer Acht gelassen) kommt man für Multiplayer-Spieler an Battlefield 2 nicht vorbei. Es bleibt jetzt nur zu hoffen, dass EA/DICE schnell per Patch eine Botfill-Möglichkeit für Multiplayer-Server nachliefern und den Sniper besser balancen, damit wäre das Glück perfekt. Was allerdings jedem Käufer klar sein sollte: Battlefield 2 ist ein reinrassiges Multiplayer-Spiel, der Singleplayer-Modus ist - auch aufgrund der Beschränkung auf die 16-Spieler-Karten - (leider) nur nettes Trainingsbeiwerk, was insbesondere aufgrund der genialen Bots mehr als schade ist. Doch als Multiplayer-Fan führt derzeit kein Weg am süchtig machenden Battlefield 2 vorbei: Klare Kaufempfehlung!

(04.07.2005)

Entwickler: Digital Illusions CE
Publisher: Electronic Arts
Genre: Shooter (Single- & Multiplayer)
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Battlefield 2
Preis: 49,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

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Fazit

oder "And the winner is..."


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