Impossible Creatures

Das Jahr 2003 gilt in Bezug auf die Veröffentlichung von Echtzeit-Strategiespielen als eine sehr innovative Zeit; schließlich ist damals mit "WarCraft III" ein Titel veröffentlicht worden, der nicht nur bezüglich seiner neuartigen 3D-Grafik begeisterte, sondern des Weiteren die Idee von permanenten Heldenfiguren innerhalb der Kampagne etablierte. "Impossible Creatures" von Relic Entertainment, das kurze Zeit später veröffentlicht wurde, griff diese modernen Features auf und kombinierte das Ganze mit der Thematik der Genmanipulation, die es erlaubte, unzählige Charaktervariationen zu präsentieren. Fast 13 Jahre später ist der Titel nun bei Steam wiederveröffentlicht worden und darf sich über erweiterte Features wie einen Online-Mehrspielermodus erfreuen. Wir verraten in unserem Test, ob das Spiel auch heutzutage noch begeistern kann.

 

Die Insel des Grauens

 

Die Handlung der Kampagne von "Impossible Creatures" ist im Jahr 1932 angesiedelt und spielt sich auf einer abgelegenen Inselkette im Südpazifik ab. Dort kreuzt der ebenso reiche wie skrupellose Großindustrielle Upton Julius mit Hilfe von Wissenschaftlern unterschiedliche Tiergattungen miteinander und erschafft somit genetisch veränderte Kreaturen. Indem er diese Mischwesen endlos klonen lässt, will er sich eine unbesiegbare Armee heranzüchten, die ihm dabei helfen soll, die Welt zu erobern.

Just zu dieser Zeit reist der Abenteurer und Kriegsberichterstatter Rex Chance auf die Insel, um seinen Vater zu suchen, der vor 30 Jahren unter mysteriösen Umständen verschwand und sich allem Anschein nach unter dem Regiment von Upton Julius befindet. Schon bald nachdem er auf der Insel gelandet ist, gerät Rex Chance in einen Konflikt mit Upton Julius und verbündet sich mit der Wissenschaftlerin Lucy Willing. Da diese ebenfalls die Technik des Kreuzens und Klonens beherrscht, sind sie in der Lage, gleichermaßen eine Tierarmee zu erschaffen und Upton Julius mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.

 

So vertraut und doch so anders

 

Bevor wir uns in die Kampagne stürzen, können wir uns in einem Tutorial über die Grundmechaniken des Spiels aufklären lassen. Da wir die Durchmischung von Genpools nicht unbedingt aus anderen Genrevertretern kennen, ist eine Absolvierung des Tutorials also durchaus empfehlenswert. Hier lernen wir auch, dass wir unsere Basis nicht wie üblich mit Rohstoffen wie Gold, Holz oder Kristallen antreiben, sondern mit Kohle und Elektrizität. Während wir Kohle aus der umliegenden Umgebung abbauen müssen, ist für die Erzeugung von Elektrizität der Bau von Kraftwerken vonnöten.

Abgesehen von den inhaltlichen Unterschieden orientiert sich die Benutzeroberfläche an den üblichen Genrestandards. Während wir also mit der Maus Einheiten auswählen und über das Gelände scrollen, können wir mit dem Mausrad butterweich in die Detailansicht heranzoomen. Wollen wir uns eine andere Perspektive auf das Geschehen verschaffen, brauchen wir nur die Alt-Taste gedrückt halten, sodass wir via Maustaste die Kamera frei bewegen können. Weiterhin bauen wir uns mit verschiedenen Gebäuden nach und nach unsere Basis auf. Während der Bau eines Forschungszentrums beispielsweise dafür sorgt, dass unsere Arbeiter mehr Kohle schultern oder verletzte Mitstreiter heilen können, lassen Kraftwerke unsere elektrischen Kapazitäten ansteigen. Daneben tragen Schall- beziehungsweise Luftabwehrtürme und Barrikaden zur Defensive unserer Basis bei.

 

Von Nilpferdfischen und Skorpiongeparden

 

Während des Spielverlaufs sammeln wir durch einen Schuss mit dem Pfeilgewehr die Genproben eines jeden Tieres auf, das uns über den Weg läuft. Diese können wir anschließend im Herzstück unserer Basis nutzen, dem Biofusionator. Dort lassen sich die DNA-Proben von zwei verschiedenen Tiergattungen frei miteinander kombinieren. Je nachdem, welche Körperteile wir von welchem Tier auswählen, ändern sich die Eigenschaften unserer neuen Gattung, der wir einen beliebigen Namen spendieren dürfen. Kreuzen wir beispielsweise einen Bullen mit einer Fledermaus, sorgen die Flügel der Fledermaus dafür, dass unser neues Wesen auch in die Lüfte abheben darf. Während der zierliche Körper der Fledermaus für mehr Geschwindigkeit, aber weniger Defensivkraft sorgt, ist die Sichtweite des Bullenkopfes um einiges höher. Es ist genau dieses Ausprobieren und Experimentieren, die den Spaß und den besonderen Reiz von "Impossible Creatures" ausmachen.

 

Steht uns zu Beginn der Kampagne nur eine geringe Anzahl von Tieren zur Verfügung, die wir miteinander kreuzen können, so steigt die Vielzahl der Kombinationsmöglichkeiten im Laufe des Spiels stetig an. Laut Entwickler soll es theoretisch möglich sein, insgesamt über 30.000 verschiedene Tierkreuzungen zu erschaffen. Allerdings sind viele davon in der Spielpraxis nicht von Vorteil, sodass wir uns nach einer gewissen Eingewöhnungszeit hauptsächlich auf die stärksten Mischverhältnisse konzentrieren.

 

Umfang der alten Schule

 

Insgesamt umfasst die Einzelspielerkampagne 15 Missionen, die abwechslungsreich konzipiert sind, sich auf mehreren Inselgruppen abspielen und daher verschiedene Landschaftsvariationen (Dschungel, Steppe, Eiswelt) bieten.

Neben der Kampagne steht ein Mehrspielermodus zur Verfügung, den wir entweder lokal spielen oder per Steam-Anbindung online austragen können. Dabei ist es möglich, sich mit bis zu sechs Spielern auf 22 Karten in drei Spielmodi auszutoben. Während es in "Feindliches Labor zerstören" darum geht, die gegnerische Basis zu infiltrieren und das Labor zu zerstören, müssen wir im Szenario "Feindliche Basis zerstören" alle Gebäude des Feindes dem Erdboden gleichmachen. Beim dritten Spielmodus "Rex jagen" erhält jeder Spieler eine Rex-Chance-Einheit und muss versuchen, dieselbe Einheit des Gegners zu finden und zu eliminieren. Schön ist auch, dass die beiden später veröffentlichten Add-ons "Insekteninvasion" und "RockPaperScissors" in die Steam-Version integriert worden sind und dem Spiel zusätzliche Einheiten, Fähigkeiten und Karten spendieren. Abschließend sorgt der enthaltene Karten-Editor dafür, dass wir unsere eigenen Missionen basteln können und somit noch einige Zeit nach Abschluss der Kampagne bei Laune gehalten werden.

 

Der Zahn der Zeit

 

Im Jahr 2003 war es durchaus unüblich, eine vollwertig vertonte und mit inszenierten Zwischensequenzen ausgestattete Kampagne spielen zu können. Und noch immer weiß der wendungsreiche Handlungsverlauf durch die humorigen Dialoge und den gleichermaßen sympathischen wie überzeichneten Charaktere zu unterhalten, wobei insbesondere im visuellen Bereich das Alter des Spiels aufgrund der kantigen Figuren, der fehlenden Schattendetails und der unscharfen Texturen deutlich zu erkennen ist. Dies wird besonders in den Zwischensequenzen deutlich, die für die damalige Zeit handwerklich auf einem hohen Niveau gewesen sind, in Sachen Inszenierung jedoch nicht mehr mit aktuellen Vertretern des Genres mithalten können. Um dem visuellen Alterungsprozess gegenzusteuern, wäre es lohnenswert gewesen, dass Relic Entertainment dem Titel zumindest ein Paket mit verbesserten Texturen spendiert hätte.

 

Die musikalische Untermalung besteht zum überwiegenden Teil aus jazzigen Klängen und temporeichen Trommelbeats, die hervorragend mit dem Inselszenario und der verrückten Thematik harmonieren. Besonders gelungen ist die Musik in den Zwischensequenzen und wirkt an zahlreichen Stellen wie aus einem Film entsprungen. Auch die deutsche Lokalisierung kann sich noch immer hören lassen und überzeugt durch eine solide Synchronarbeit. Einzig der Synchronsprecher von Rex Chance schießt ab und an mit einer falschen Betonung und unangebrachter Melodramatik etwas über das Ziel hinaus.


Fazit

Zugegeben: Das Szenario von "Impossible Creatures", das an B-Filme aus den 1950er- und 1960er-Jahren erinnert, klingt auch im Jahr 2015 noch reichlich absurd. Wenn wir via Genpool binnen weniger Minuten eine Armee aus grotesken Mischwesen erschaffen und diese gegen andere fantastische Wesen in den Kampf schicken, fällt es zu Beginn nicht leicht, das Spiel ernstzunehmen. Dennoch, und das ist der große Vorteil des abgedrehten Settings, sorgen nach einiger Eingewöhnungszeit gerade diese individuellen Kreaturen, die je nach Zusammensetzung bestimmte Eigenschaften ins Spiel bringen, für einen großen Einsatz von taktischen Möglichkeiten.
Das simple Spielprinzip, die sympathischen Charaktere und die humorvollen Dialoge würden insbesondere Genreneulinge ansprechen, wäre da nicht die altbackene Optik, die recht lieblos ins Jahr 2015 transportiert wurde. So spricht "Impossible Creatures" in erster Linie Nostalgiker an, die den Titel aus früheren Tagen kennen und die alten Zeiten für knapp 10 Euro wiederaufleben lassen möchten. (Daniel Kohlstadt)


Kommentare: Not available!
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures
Impossible Creatures