StarDrive 2

Nach einer langen Durststrecke erscheinen endlich immer mehr Weltraum-Rundenstrategiespiele. Ein totgeglaubtes Genre ist offenbar mit Erfolg wiederbelebt worden. Allerdings sind nicht alle Titel gleich gut gestrickt, denn während die einen zu wenig Spieltiefe oder Herausforderungen bieten, werden andere mit zahlreichen Fehlern veröffentlicht, die im Nachhinein mit Updates ausgebügelt werden müssen. Die große Auswahl macht es schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen. "StarDrive 2" von "Zero Sum Games" verspricht, allen Anforderungen an einem guten Weltraum-Rundenstrategie-Hit gerecht zu werden. Ob das Versprechen gehalten worden ist, könnt ihr im folgenden Test nachlesen.

 

 

Hinter dem Morgenstern gleich links

 

Wie die meisten neuen Weltraum-Rundenstrategiespiele besitzt "StarDrive 2" keine definitive Hintergrundgeschichte. Neun Rassen streiten um die Vorherrschaft in einem offenen Sandbox-Universum, dessen Hauptparameter wie beispielsweise die Planetendichte, der Rohstoffreichtum sowie die Aggressivität der Zufallsgegner zu Beginn festgelegt werden kann. Selbst die Form der erstellten Galaxien kann variiert werden. Versteckte Missionen sowie mysteriöse Überfälle auf die Kolonien des Spielers durch unbekannte Feindflotten peppen den Spielfluss etwas auf, täuschen aber nicht darüber hinweg, dass letztendlich nur eine dominante Rasse über das Universum herrschen muss.

 

Die unterschiedlichen Völker, die zu Beginn zur Auswahl stehen, unterscheiden sich nicht nur in ihrem Aussehen, sondern auch in ihren Eigenschaften, die Vor- oder Nachteile mit sich bringen. Kreative Rassen erhalten beispielsweise einen Bonus in der Forschung und profitieren von der Tatsache, dass pro erforschte Technologiestufe alle damit verbundenen Technologien entdeckt werden. Andere Völker kommen an unentdeckte Technologiezweige nur mit Spionage oder Handel heran. Wem die vorgegebenen Weltraumbewohner zu eintönig erscheinen, der kann sich aus vielen verschiedenen Attributen eine eigene Spezies zusammenklicken. Dabei muss beachtet werden, dass ein Punktezähler den Spieler davor bewahrt, sich nur Vorteile auszusuchen. Punktemäßig müssen sich Boni und Mali in der Waage halten. Wer noch größere Herausforderungen sucht, kann zusätzliche Spielmodi aktivieren, die dem Spieler ein Handicap vorgeben. So können zum Beispiel die KI-gesteuerten Gegner mit bereits mehreren Kolonien anfangen, während man selbst erst die heimische Wirtschaft auf dem eigenen Planeten in Ordnung bringen muss.

 

"StarDrive 2" ist äußerst vielseitig, denn neben klassischer Rundenstrategie im Weltraum sowie detailliertem ökonomischen Mikromanagement der eigenen Kolonien gibt es Weltraumgefechte mit selbst entworfenen Raumschiffflotten in Echtzeit sowie rundenbasierte Bodengefechte mit Truppen. "Master of Orion II" hat mit Sicherheit die Entwickler des vorliegenden Werks inspiriert, denn kein anderer Titel passt so gut zum beschriebenen Umfang. Vor allem der Schiffs-Editor lässt die Nostalgieherzen höherschlagen, wenn der Spieler in vorgegebene Slots eines Weltraumfahrzeugs frisch erforschte Technologiemodule oder Waffen packen kann und so individuelle Schiffe generiert. Ein Indikator am rechten Bildschirmrand erinnert den Spieler daran, die Versorgungssysteme wie Munitonskammern oder Energiezellen nicht zu vergessen, damit das Gefecht nicht gleich nach der ersten Schusssalve vorbei ist.

 

Die Ökonomie im "StarDrive"-Universum basiert auf zwei einfachen Ressourcen: Nahrung und Credits. Mit Essen werden die Bürger versorgt, damit sie fleißig arbeiten, Ernten einfahren, Gebäude aufbauen und forschen. Credits erlauben es, Bauvorhaben sofort zu beschleunigen, Spionageaktionen zu finanzieren oder Technologien wie auch Söldnereinheiten bei kleinen Nicht-Spieler-Fraktionen zu erwerben. Unabhängig davon sind die Forschungspunkte, die der Spieler mit seinen Wissenschaftlern pro Zug in Projekte investiert, um schließlich einen Durchbruch zu erreichen. Dabei gilt die Rechnung: Je mehr Wissenschaftler in passenden Einrichtungen wie Universitäten oder Laboren arbeiten, desto mehr Forschungspunkte werden generiert und desto schneller hat man technologisch gesehen die Nase vorn. Zusätzliche Boni auf Ökonomie, Forschung, Umwelt wie auch Kriegswirtschaft verschaffen Berater, die sich gelegentlich beim Spieler melden, um für eine bestimmte Summe angeheuert zu werden.

 

Leider funktioniert die Diplomatie in "StarDrive 2" ebenso gut wie vor knapp einem Jahrzehnt in "Master of Orion II". Die Kontrahenten erklären dem Spieler grundlos den Krieg, sobald er eine bestimmte Anzahl an Kolonien kontrolliert, obwohl sie sich am anderen Ende des Universums befinden und daher keine aggressive Expansion auf ihre Kosten befürchten müssten. Handelsvereinbarungen oder Tauschgeschäfte werden nur akzeptiert, wenn der Gegner stark benachteiligt wird. So ist es schon fast lächerlich, wenn ein deutlich unterlegenes KI-Imperium den Vorschlag unterbreitet, man möge einige Planeten an dieses abtreten, ohne irgendeine Bezahlung zu präsentieren. Nach einer wohlverdienten Ablehnung ist das zuvor freundlich gesinnte Volk eingeschnappt und spricht kurze Zeit später eine Kriegserklärung aus. Ehrensache, dass dieses dann zuerst plattgemacht wird. Wie von Clausewitz zutreffend zu sagen pflegte: "Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln." Offensichtlich ist ein diplomatischer Sieg in "StarDrive 2" derzeit nicht vorgesehen.

 

Das Wörtchen "derzeit" ist aufmerksamen Lesern bestimmt nicht entgangen, denn es bedeutet, dass das Spiel sich immer noch in der Optimierungsphase befindet. Bei der Veröffentlichung immerhin noch gut spielbar, wurden über die letzten Wochen hinweg Fehler mit Updates ausgebügelt, aber auch neue Spielelemente integriert. So gibt es einen Arenamodus, in dem der Spieler sich nur auf Echtzeit-Weltraumgefechte gegen KI-Gegner konzentriert, beim Sieg Credits verdient und diese in Upgrades seiner Flotte reinvestiert. Bestandene Missionen schalten zusätzliche Bemalungen für die Raumschiffe der Standardvölker von "StarDrive 2" frei. Mit jedem Patch wird auch die künstliche Intelligenz besser. Besonders spaßig sind die zahlreichen Hinweise auf Science-Fiction-Klassiker im Spiel wie etwa Planeten mit einer Megafauna, die es dank intensiver Forschung ermöglichen, Dinos mit Laserkanonen als Bodentruppen zu rekrutieren. Selbst der trashige Film "Sharknado" findet ein entsprechendes Äquivalent in "StarDrive 2".

 

 

Teilen und herrschen

 

Die meiste Zeit sieht der Spieler "StarDrive 2" aus einer zoombaren Ansicht von oben, in der er eine gute Übersicht über alle seine Kolonien wie auch Flottenbewegungen hat. Einflussbereiche unterschiedlicher Bevölkerungen werden in der zugehörigen Farbe hervorgehoben. Die Bewegungspfade von Raumschiffen im Sensorbereich sind deutlich durch gestrichelte Linien erkennbar. So lange sich die eigene Flotte innerhalb der Reichsgrenzen bewegt, verbraucht sie keinen Treibstoff, um größere Entfernungen zurückzulegen. Auch größere Sprünge über die Grenze hinweg sind möglich, verbrauchen aber den mitgeführten Sprit. Ist der Treibstoff alle, begibt sich die entsprechende Flotte automatisch im Schneckentempo auf den Rückweg zur nächsten Versorgungsstation.

 

Wesentlich spektakulärer als die Verwaltungsübersicht ist die taktische, zweidimensionale Ansicht eines Echtzeitgefechts zwischen Raumschiffen. Die Opponenten stehen auf zwei Seiten gegenüber und bewegen sich aufeinander zu. Die Triebwerke beeinflussen dabei, wie schnell die Fahrzeuge sind und vor allem auch, wie schnell sie sich drehen können, um ein Ziel zu erfassen. Spätestens hier sieht man, wie sinnvoll das eigene Schiffsdesign aus dem Schiffs-Editor gewesen ist, denn schwere Kreuzer mit großen stationären Kanonen sind zum Beispiel extrem anfällig gegen kleine wendige Raumer, die sie nicht treffen können. Begleitschiffe mit entsprechender Ausstattung wie Schellfeuerwaffen machen dagegen kurzen Prozess mit lästigen Jägern.

 

Bodengefechte mit Soldaten werden in der isometrischen Perspektive dargestellt. Die Truppen ziehen rundenweise. Aktionen wie Schießen oder Heilen verbrauchen Aktionspunkte. Wer als letzter noch steht, hat den Kampf gewonnen. Die Ausrüstung der Söldner wird meistens auf ihrem Heimatplaneten zur Verfügung gestellt, so dass Forschung in Handfeuerwaffen wie auch Heilmittel durchaus sinnvoll investiert sind. Wer keine Lust hat, sich mit Bodentruppen auseinandersetzen zu müssen, kann Bomber bauen und aus dem Orbit die feindliche Bevölkerung plattmachen. Dies ist jedoch äußerst unökonomisch, denn übergelaufene Kolonisten arbeiten fast genauso fleißig wie die eigenen. Tot nützen sie niemandem etwas. Daher lohnt es sich allemal, Truppen in einen Transporter zu karren und die Feindarmee auf dem Zielplaneten auszuschalten.

 

 

Aussicht auf Erfolg

 

Optisch erinnert "StarDrive 2" sehr stark an ein "Master of Orion II" mit zeitgemäßer Grafik. Das ist auch gut so! Kenner des Genres erinnern sich an das Fiasko des dritten Teils von "Master von Orion", das den Charme einer geöffneten Excel-Tabelle versprühte. Die Oberfläche des aktuellen "StarDrive"-Titels ist sehr gut organisiert. Alle wichtigen Funktionen sind gut sichtbar und nur einen Mausklick davon entfernt, genutzt zu werden. Die Gefechte im Spiel haben zugegebenermaßen ein Retrodesign, passen aber gut zur Spielweise. Lediglich die nicht konsequent umgesetzte Übersetzung ins Deutsche fällt negativ auf, so dass für Puristen eine Installation in englischer Sprache zu empfehlen ist. Gesprochene Filmsequenzen gibt es in "StarDrive 2" bisher nicht, alle Dialoge mit Nicht-Spieler-Charakteren laufen über einen Textkasten. Die Hintergrundmusik hat Lounge-Charakter – genau das Richtige für eine längere Strategiepartie. Die Soundeffekte wie beispielsweise Laserschüsse oder Explosionen im All sind ebenfalls genretypisch, wenn auch nicht unbedingt authentisch.

 

 


Fazit

StarDrive 2" ist ein sehr guter Vertreter des 4X-Weltraumsimulationsgenres, der nahezu alles richtig macht. Aufbauökonomie mit vereinfachtem Mikromanagement, Echtzeitgefechte im Weltraum und dazu Schlachten mit Bodentruppen bieten für alle Fans etwas. Die übersichtliche Oberfläche macht viel Spaß beim Zocken, und das Bestreben der Entwickler, selbst die kleinsten Fehler auszumerzen, ist imponierend. Dieses Spiel hat das Potenzial, ein würdiger Nachfolger von "Master of Orion II" zu werden – zumal der geheime Endgegner im Spiel ebenfalls diesen Namen trägt. Einer Kaufempfehlung meinerseits steht nichts im Weg.(Witali Blum)


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