Murdered: Soul Suspect (PS4)

Mit „Murdered: Soul Suspect“ wollen die Macher von „Dark Void“ ein geistreiches Detektivabenteuer abliefern, in dem das Hauptaugenmerk auf der Story liegen soll. Eng verknüpft mit den historischen Hexenprozessen von Salem bietet die Suche nach Hinweisen eine ambitionierte Spielidee. Ob das alles zusammenpasst, klärt unser Review.

Mörderische Hexenjagd

Der Tod der Spielfigur ist meist mit dem Ende eines Abenteuers verbunden. In „Murdered: Soul Suspect“ ist es jedoch der Anfang, denn viel wissen wir nicht über Ronan O´Connor, als er in der Intro-Sequenz auf dem gepflasterten Boden der Tatsachen hart aufschlägt. Er wurde soeben vom Glockenmörder unsanft aus dem Fenster befördert und anschließend kaltblütig erschossen. Sein Leben in menschlicher Hülle ist vorbei, doch als Geist hat er noch etwas zu erledigen, bevor er seine verstorbene Ehefrau Julia wiedersehen darf. Der an ihm verübte Mord muss aufgeklärt und dem brutalen Treiben des Glockenmörders ein Ende gesetzt werden.

Gar nicht so einfach, denn von nun an ist der Ermittler für sein lebendiges Umfeld unsichtbar. Schlimmer noch, erweist sich schon die Interaktion mit den einfachsten Dingen als völlig ausgeschlossen. Wie es der Zufall will, trifft er schon kurze Zeit später auf ein junges Mädchen namens Joy, die weitaus mehr als nur eine Zeugin der erwähnten Tat ist und obendrein die praktischen Eigenschaften eines Mediums erfüllt. Dadurch kann sie ganz im Gegensatz zu anderen Menschen Geister wahrnehmen und kommunizieren. Mit ihrer Hilfe scheint die Aufklärung der Geschichte möglich, die eng mit den Hexenverbrennungen von Salem in Verbindung steht. Doch nicht nur die historische Vergangenheit holt sie wieder ein, auch Ronans persönliche spielt eine Rolle.

Die unterhaltsam erzählte und mit zahlreichen Zwischensequenzen geschmückte Story steht klar im Fokus von „Murdered: Soul Suspect“. Dabei setzen die Macher weniger auf eine atemberaubende Inszenierung a la „Heavy Rain“ oder „Beyond: Two Souls“, sondern erzählen die in sich schlüssige Geschichte auf spürbar ruhigere Art und Weise mit vielen Dialogen und Flashbacks vergangener Ereignisse. Neben dem Hauptcharakter Ronan spielt Joy einen wichtigen Part, schließlich arbeiten sie über weite Strecken der Handlung als Team zusammen. Neben den ehemaligen Polizei-Kollegen und anderen Spukgestalten, von denen nur wenige etwas Interessantes zu sagen haben, tummeln sich jedoch scharenweise Statisten in Salem, die man während der kurzen Spielzeit von etwa sechs Stunden getrost vernachlässigen kann.

 

Entspannte Detektivarbeit

Salem ist nach dem Beginn frei begehbar. Verwinkelte Gassen verbinden Schauplätze wie Kirche, Strand, Polizeirevier, Psychiatrie, Friedhof oder Museum miteinander. Die Laufwege sind angenehm kurz, Wegpunkte zum nächsten Ziel werden jederzeit eingeblendet. Weil Ronan trotzdem regelmäßig in Sackgassen landet, fehlt eine hilfreiche Übersichtskarte. Erschwerend kommt hinzu, dass die Entwickler trotz der Geistereigenschaften der Spielfigur unüberwindbare Hindernisse in den Weg gestellt haben. Allen bemühten Erklärungsversuchen im Spielgeschehen zum Trotz, bleibt es mysteriös und oft unerklärlich, warum man ohne physischen Widerstand durch Autos, Menschen, Türen oder Wände hindurchgleitet und an anderer Stelle gerade dies einen Akt der Unmöglichkeit darstellt. Später erhält Ronan ganz plötzlich und von jetzt auf gleich die praktische Teleportation, was die Schikanen etwas entschärfen kann.

Als spielerischer Knackpunkt erweist sich die Suche, Interpretation und korrekte Kombination von Hinweisen am jeweiligen Tatort. Um die richtigen Schlüsse aus den Verbrechen zu ziehen, den Hergang zu rekonstruieren und rückblickende Flashbacks freizuschalten genügt stumpfes Ausprobieren, da sich Fehlversuche nicht auswirken und man einfach so lange weiter macht, bis alles passt. Ein klassisches Inventar fällt komplett weg, stattdessen können die gefundenen Indizien angeschaut werden. Was Profis und Fortgeschrittene unterfordert, wird zumindest absoluten Genre-Neulingen schnelle Erfolgsergebnisse verschaffen. In der Regel liegt die Lösung so klar und eindeutig auf dem Präsentierteller, dass die Ermittlungen niemals scheitern werden. Das ist schade und nimmt nicht nur dem Hauptfall wegen der daraus resultierenden Spannungsarmut den Wind aus den Segeln, sondern schwächt auch die Einzelschicksale anderer Geister in den Nebenaufgaben ab. Deren Tode dürfen optional untersucht werden.

Beispielsweise treffen wir in Salem auf einen jungen Mann am Ort eines schlimmen Verkehrsunfalls mit drei Todesopfern. Der Geist ist wegen seines fehlenden Erinnerungsvermögens sichtlich verunsichert, ob er überhaupt Fahrer des verunglückten Wagens war und somit nicht nur am eigenen, sondern am Tod zweier befreundeter Mitinsassen sein könnte. Erst die Recherche an der nahe gelegenen Tankstelle bringt die Klarheit, die diese ruhelose Seele für seine Erlösung benötigt. Zuerst werden die Erinnerungsfetzen per Tastendruck an der nicht zu übersenden Stelle offenbart und letztendlich lüftet ein noch lebendiger Zeuge durch unsere Fähigkeit des Gedankenlesens das Geheimnis. Was sich interessant liest, ist schon nach wenigen Augenblicken wieder abgehakt.

Der Spielfluss geht aufgrund dieser anspruchslosen Aufgaben selten verloren, was höchstens bei den willkürlich auftretenden Begegnungen mit feindlichen Dämonen passieren könnte. Jedes Mal huscht man von einem Versteck zum nächsten, lenkt die bösartigen Kreaturen als Poltergeist ab und schreitet abschließend zur Vernichtung hinterrücks dank Quick-Time-Event. Stellt man sich bei diesem Vorgehen ungeschickt an, bleibt nur noch die Flucht oder die beim Scheitern fair platzierten automatischen Checkpoints setzen unmittelbar vor dem missglückten Versuch wieder ein. Als spielerische Auflockerung hingegen dient die kurzzeitige Kontrolle einer Katze, die auch den Weg durch enge Schächte findet.

Auf den ersten Blick sind sämtliche Fähigkeiten zwar interessant und ambitioniert, doch häufig steckt nur eine nette Spielerei ohne zufriedenstellenden Sinn dahinter. Entweder man liest die Gedanken der Figuren, macht sie auf bestimmte Aktionen aufmerksam, späht Informationen am Computerbildschirm oder auf Dokumenten aus und vergnügt sich als Poltergeist. Von letzter Möglichkeit zeigt sich die Umwelt erstaunlicherweise unbeeindruckt, wenn etwa ein Kopiergerät unentwegt Blätter ausspuckt, der Getränkeautomat immerzu Dosen spendiert oder die Kaffeemaschine ungefragt den Betrieb aufnimmt. Von Bedeutung ist es eigentlich nur im Polizeirevier und der Psychiatrie, wenn sich Personen von unserem Treiben ablenken lassen, damit Joy ungesehen vorbeischleichen kann. Viel zu selten sind Rätseleinlagen, wenn man sie denn so nennen kann, beispielsweise als Poltergeist den Ventilator zu starten, um einen Papierstapel ordentlich aufzuwirbeln um damit eine entscheidende Akte freizulegen.

 

Ein dunkler Ort

Grafisch bewegt sich das düstere Gesamtbild auf Basis der Unreal Engine 3 auf solidem Niveau, wenngleich abseits der interessant gestalteten Tatorte eher eintönig und mit vielen Objekten aus dem Standardbaukasten bestückt. Als optische Höhepunkte dienen sicherlich Hauptschauplätze wie das Museum oder der Friedhof. Bedenkt man die alles umhüllende Dunkelheit mit ihren spärlichen Lichtquellen sowie die blassen Figurengesichter, stellt sich die Frage, ob der Ort überhaupt einmal Sonnenstrahlen abbekommen hat. Die Umgebungen wirken kalt und deprimierend zugleich, dazu gesellen sich Effekte wie Nebel, Rauch und durchsichtige wie schemenhafte Geistererscheinungen. Im Gegensatz zu vielen lebendigen Gestalten lassen sich zumindest bei den Untoten durchaus Emotionen erkennen, während die restlichen Bewohner überwiegend gelangweilt scheinen, obwohl deren Gedanken ganz andere Stimmungslagen aufzeigen. Gestik und Mimik erreichen aber zu keinem Zeitpunkt die Qualität von „L.A. Noire“ oder „Heavy Rain“.

 

Hochwertige Vertonung

Die Vertonung ist hochwertig und mit hervorragenden deutschen Sprechern besetzt: Peter Flechtner ist als deutsche Feststimme von Timothy Olyphant (u. a. „Hitman“-Verfilmung) ebenso bekannt wie Tobias Kluckert (Bradley Cooper in „Hangover“), Ronald Nitschke (Arnold Schwarzeneggers Gegenpart T-1000 in „Terminator 2“) oder Marie-Luise Schramm (Anime-Serien wie „Digimon“ und „Avatar“). Leider fällt die spärliche Geräuschkulisse deutlich ab, die mit Effekten geizt. Hier wurde Gruselpotenzial verschenkt, denn die Schauplätze hätten mit wenig Aufwand von schaurigen Zwischentönen nur profitieren können, beispielsweise ein bisschen pfeifender Wind hier, ein Rascheln im Gebüsch dort oder dumpfe Schritte im Stockwerk über uns. Spiele wie „Amnesia“, „Outlast“ oder „Penumbra“ haben das ungleich besser hinbekommen.

Offizieller Launch-Trailer


Fazit

Trotz der spielerischen Oberflächlichkeit hat mich „Murdered: Soul Suspect“ beim einmaligen Durchspielen gut unterhalten. In meiner Sammlung landet das Spiel trotzdem weit unter deutlich besseren Vertretern wie „Heavy Rain“ oder „L.A. Noire“. Gerade diese Titel sind deutlich durchdachter und bauen fast durchgehend Spannung auf, wo das Geisterspiel über weite Strecken routiniert dem Abspann entgegen steuert. Trotzdem dürfte sich eine kleine Anhängerschaft finden lassen, schließlich gibt es von dieser Spielart noch viel zu wenig, insbesondere auf der neuen Konsolengeneration. (Christian Schmitz)


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Murdered: Soul Suspect erscheint am 6. Juni
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