Empire TV Tycoon

Erinnerungen an das Jahr 1991: Die Entdeckung einer über 5.000 Jahre alten Gletschermumie namens Ötzi, der Zusammenbruch der Sowjetunion, Lothar Matthäus erhält die Auszeichnung zum besten Fußballspieler der Welt, "Terminator II" und "Kevin: Allein zu Haus" laufen in den Kinos an und im Videospielbereich werden stundenlang "Anstoss", "Duke Nukem", "Lemmings", "Street Fighter II", "Turtles in Time" sowie "Mad TV" gezockt. Ganz in der Tradition des letztgenannten Klassikers ist mit "Empire TV Tycoon" nun eine spielenswerte Indie-Produktion erschienen.

 

 

Die Qual der Wahl

 

Ein kleines spanisches Entwicklerteam scheint über viele Jahre hinweg die sympathische Wirtschaftssimulation gut studiert zu haben, denn "Empire TV Tycoon" könnte genauso gut eine Neuauflage von "Mad TV" sein. Zwar fehlt es an großen neuen Ideen, allerdings ist man als Fan der Vorlage fast geneigt, den roten Teppich für die emsigen Tüftler auszurollen. Aufmerksam werden Flimmerkisten-Fans viele Anspielungen entdecken, sei es ein eher schlichtes Poster von "Pulp Fiction" oder das imposante Erscheinungsbild des Nakatomi Plaza aus "Stirb Langsam" im Hintergrund. Zudem beginnt jeder Tag mit der Einblendung bekannter Filmzitate. Sendeplan und Archiv umfassen darüber hinaus zahlreiche Originaltitel.

 

Spieler wählen eine von drei farbigen Figuren aus und benennen diese sowie den Sender nach den eigenen Vorstellungen um. Schließlich soll dem Kanal aus 13 Genres ein Hauptthema zugeordnet werden: Generalist, Komödie, Drama, Science-Fiction, Dokumentation, Horror, Western, Sport, Fantasy, Musical, Romanze, Action oder Spielshow. Dadurch ergeben sich Vorteile für das ausgewählte Genre wie eine höhere Zuschauerzahl gegenüber allen anderen Sparten. Spezialisiert man sich beispielsweise auf Romanzen, ist es sehr wahrscheinlich, dass vermehrt Paare einschalten werden. In diesem Fall kann es also nicht schaden, eine entsprechend große Anzahl an eben jenen Genretiteln zu senden. Insgesamt gibt es acht Zuschauergruppen: Männer, Frauen, Kinder, Paare, Rentner, Sportler, Rocker und Freaks. Wer genau welche Vorlieben und Abneigungen hegt, ist nicht unbedingt für jedermann offensichtlich, sondern muss selbst herausgefunden werden. In der Praxis hat sich jedoch der beherzte Griff in imaginäre Klischeeschubladen als hilfreiches Mittel erwiesen.

 

Anfangs stehen zwei Schwierigkeitsgrade zur Verfügung. Die normale Stufe bringt Vorteile mit sich, etwa mehr Startgeld, günstigere Aufwertungen und bis zu drei Zuschauersperren pro Tag. Beim schweren Grad gibt es keinen Kapitalbonus, sondern lediglich zwei tägliche Zuschauersperren, und die gegnerische KI nutzt zudem das Marketing. Für Experten eröffnet sich ein dritter Anspruchsgrad mit weniger Startgeld, guter KI-Ausnutzung von Marketing und nur noch einer Zuschauersperre, sofern zumindest eine Partie erfolgreich absolviert wurde. Siegbedingungen wie eine gewisse Anzahl an Rufpunkten oder die besten Zuschauerzahlen zu erreichen, richten sich dabei in erster Linie nach dem gewählten Modus. So stehen Arcade, Endlosspiel und eine personalisierte Variante zur Verfügung. Doch Vorsicht ist geboten: Wenn sich der Kontostand drei Tage lang im negativen Bereich bewegt, zieht der Boss die Reißleine und das Spiel gilt als verloren. Es gibt drei Geschwindigkeitsstufen, eine Pausenfunktion sowie die Möglichkeit, den Spielstand jederzeit abzuspeichern.

 

 

Quotenjagd in Empire City

 

Ein produktiver Arbeitstag in "Empire TV Tycoon" beginnt pünktlich um 14 Uhr, also genau eine Stunde vor Start des Sendeplans. Ein hilfreiches Tutorial hilft bei den ersten Schritten im Gebäude, das man sich mit den Konkurrenten teilt. Vom Eingangsbereich im Erdgeschoss ausgehend, betritt die Spielfigur den Aufzug, um die verschiedenen Stockwerke zu erreichen. Dabei nutzen alle drei Parteien gemeinsam das Filmarchiv im Keller, das Technologiezentrum für freispielbare Aufwertungen im vierten Stock, die Marketing-Abteilung im achten Stock sowie das obere Restaurant. Separat stehen allen jeweils ein Büro, ein Bereich für Angestellte und ein Studio zur Verfügung.

 

Die Hauptaufgabe besteht darin, am Computer-Arbeitsplatz im Büro das möglichst profitabelste TV-Programm zu erstellen. Ein Tagesplan erscheint und offenbart leere Stundenblöcke von gestern, heute und morgen. Um die Übersicht sinnvoll zu füllen, werden die verfügbaren Inhalte einfach in die dafür vorgesehenen Zeilen gezogen. In der linken Spalte finden zunächst Marketing-Objekte wie Zeitungsanzeigen oder Radiowerbung ihren Platz. Im mittleren Bereich können Filme und Serien eingefügt werden, rechts ist für Werbeblöcke reserviert. Ein besonderes Augenmerk sollte auf die erwartete Zielgruppe gerichtet werden, die zu den jeweiligen Stundenblöcken vor dem Fernseher sitzt. Die Inhalte sollten also an deren Vorlieben angepasst werden, um eine möglichst hohe Zuschauerzahl zu erzielen, die Konkurrenz auszustechen und mehr Rufpunkte zu kassieren.

 

Wie Zuschauer auf das ausgestrahlte Programm reagieren, offenbaren die Statistiken direkt neben dem Computer. Jede Stunde werden bis zu drei verschiedene Gruppen mit individuellem Anspruchsdenken zusehen. Außerdem finden sich hier weitere Informationen zur aktuellen Finanzlage, also Einnahmen und Ausgaben. Im erstaunlich kleinen Mitarbeiterbereich sollten zu den zwei bestehenden Arbeitsplätzen rasch die beiden restlichen hinzugefügt werden, um beispielsweise einen Produktionsassistenten und Drehbuchautoren einzustellen. Praktischerweise sollten diese schon möglichst frühzeitig weitergebildet werden, um die Leistungen spürbar zu verbessern. Leider enttäuscht dieser Bereich mit seinen begrenzten Optionen.

 

Regelmäßig sollten im Kellerarchiv Filme und Serien gekauft und verkauft werden, um das Publikum bei Laune zu halten und die Programmqualität zu steigern. Wer diese Routine vernachlässigt, wird schon nach wenigen Runden eine abnehmende Begeisterungsfähigkeit unter den Zusehern feststellen, die sich zwangsläufig negativ auf die Quoten-Entwicklung und die Vergabe von Rufpunkten auswirkt. Es gibt aber noch einen anderen, weitaus riskanteren Weg der Medienbeschaffung, nämlich den Schwarzmarkthändler mit einer Auswahl an illegalen Kopien. Ein angestellter Hacker verringert übrigens die Gefahr, bei dieser Praxis erwischt zu werden.

 

Kostenlose Werbespots können durch geschicktes Marketing zur Haupteinnahmequelle werden. Auch der regelmäßige Besuch im Technologiezentrum wird sich auszahlen, denn Aufwertungen sind sinnvoll und verschaffen gegenüber den Konkurrenten entscheidende Vorteile, wenn man beispielsweise früher als diese auf ein besseres Medienrepertoire zurückgreifen kann. Außerdem sollte unbedingt ein fähiger Drehbuchautor eingestellt werden, um das eigene Studio nutzen zu können und Schauspieler für selbst produzierte Formate zu gewinnen.

 

 

Besondere Ereignisse

 

Eine große Stärke von "Mad TV" ist seit jeher der Humor. In "Empire TV Tycoon" spielt dies leider nur eine untergeordnete Rolle und findet in erster Linie bei Ereignissen statt, die im E-Mail-Postfach angekündigt werden. Das können optionale Zusatzaufgaben sein, wenn sich beispielsweise ein frustrierter Clown meldet, um sich über seinen fehlenden Erfolg bei der Bespaßung von Kindern auszuweinen. Deshalb bietet er eine beachtliche Geldsumme sowie einen zusätzlichen Rufpunkt, wenn eine Komödie zu einer bestimmten Zeit gesendet wird.

 

An manchen Tagen kommt es zu außergewöhnlichen Geschehnissen in Empire City. Da der Sender auch einen gewissen Informationsauftrag hat, kann man den Zuschauern Bericht erstatten. Nach einem Gespräch mit der Chefsekretärin wird ein passender Reporter auserkoren, der mit der Erstellung eines einstündigen Live-Blocks beauftragt wird. Zum Beispiel kommt es zu Ufo-Sichtungen, die auch grafisch in die Spielumgebung eingebunden werden. Während der laufenden Reportage gibt es Entscheidungsmöglichkeiten: Soll die Übertragung während der Alien-Willkommensfeier erfolgen oder in einem nuklearen Bunker? Nur für den Fall der Fälle, dass die Besucher nicht mit friedlichen Absichten kommen und ein intergalaktischer Krieg ausbricht. Die dritte Möglichkeit wäre, Science-Fiction-Experten zu befragen.

 

Für besondere Spannungsmomente sorgen regelmäßige Preisverleihungen. Im Vorfeld sollen Filme oder Serien eines vorgegebenen Genres produziert werden. Darum sollte der Drehbuchautor das tun, wofür er bezahlt wird, denn der Repräsentant der Akademie wartet bereits. Ist das Skript fertig und die Schauspieler ausgewählt, werden Prioritätspunkte verteilt, unter anderem für Bühnenbild, Filmmusik, Nachbearbeitung und Regie. Im weiteren Verlauf kann es ebenfalls zu Sonderereignissen mit Entscheidungsmöglichkeiten kommen, beispielsweise zu einem sinnvollen Drogenentzug eines Darstellers oder ob die neugierigen Unterwäschemodels trotz zweifelhafter Schauspielkunst kostenlos mitspielen können.

 

Ist die Produktion erfolgreich abgeschlossen, werden bereits erste Vorabreaktionen eingeblendet. Bei der eigentlichen Veranstaltung werden dann abschließend die Preise in Einzelkategorien vergeben. Besonders begehrt sind natürlich die Auszeichnungen für das beste Gesamtwerk, den besten Hauptdarsteller oder die beste Regie. Mit etwas Glück und einem geschickten Händchen während der Produktion lassen sich hier eine Menge Rufpunkte verdienen, aber auch die Konkurrenz schläft nicht.

 

 

Schöne Technik von gestern

 

Grafisch und musikalisch orientiert sich das Spiel an typischen Wirtschaftssimulationen der frühen 1990er-Jahre, ohne es dabei mit groben Pixeln zu übertreiben. Statt langweiliger Kalkulationstabellen sind die Menüs anhand sinnvoller Objekte in der Spielumgebung erreichbar und sehr übersichtlich. Viele wichtige Informationen sind bereits in der Hauptansicht vereint: Der obere Bildausschnitt stellt das Gebäude mit seinen Stockwerken dar. Der untere Abschnitt teilt sich in das laufende TV-Programm, daneben Auskünfte zu dem aktuellen Ruf, den vorhandenen Medien, dem Kontostand und den Einschaltquoten. In der rechten Ecke sitzen die Zuschauer auf der gemütlichen Couch und drücken ihre Stimmungslage durch Smileys aus. Die gelungene Benutzeroberfläche fängt den Charme der Genreklassiker wunderbar ein und ist eindeutig an den Klassiker "Mad TV" angelehnt. Lobenswert ist die deutsche Übersetzung dank Fans, trotz verschmerzbarer kleiner Rechtschreibfehler. Denn bis vor Kurzem gab es von offizieller Entwicklerseite lediglich englische und spanische Texte.


Fazit

"Empire TV Tycoon" hebt sich wohltuend von der Masse an Indie-Wirtschaftssimulationen mit Retroflair ab. Die Motivationskurve bewegt sich auf konstant hohem Niveau und lässt Stunde um Stunde wie im Fluge vergehen. Damit ist das Spiel des kleinen spanischen Entwicklerstudios eine gelungene Alternative zum überwiegend langweiligen und einfallslosen Fernsehprogramm der heutigen Zeit.


Kommentare:
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2018-01-03 09:14:01... -

yop, läuft auf win 10 - spiel gibt es bei steam - ich liebe es :-)


2017-01-15 21:42:16... -

wie kriegt man keys


2016-10-14 01:45:32... -

Moin
nur mal ne Frage:läuft das Spiel auch auf win 10? Warum
wird solche info nirgends mit rein Geschrieben?

MFG
GORKONN


2016-02-06 03:07:59... - Hans

Gibts zufällig noch Keys ? :)


2016-01-29 15:00:14... - Benut

Komm


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