Thief (PC)

Die Spielreihe „Thief“, die in Deutschland unter dem Namen „Dark Project“ bekannt wurde, ist wohl neben Tom Clancy‘s „Splinter Cell“ mit der bekannteste Vertreter des Schleichgenres. Innovativ verquickten die einzelnen Ableger der „Thief“-Reihe Elemente von Tradition, Mystik und Moderne und zauberte daraus eine einzigartige Spielwelt, in die der Spieler in der Person von Garret, dem Meisterdieb, abtauchte und mit ihm auf seine nächtlichen Beutezüge ging.

Mit „Thief: Dark Shadows“ fand dieses Stealth-Abenteuer ein vorläufiges Ende und seit 2004, dem Releasedatum von „Dark Shadows“, wartete die Fangemeinschaft auf eine Fortführung dieser faszinierenden Spiele. Knapp zehn Jahre später beleben Eidos und Square Enix diese Reihe neu und schreiben sich nicht weniger auf die Fahnen, als einerseits die typische Spielerfahrung von „Thief“ zu erhalten und gleichzeitig das Erlebte auf den Level von Next-Generation-Spielen zu heben. Ein ehrgeiziges Ziel. Wie gut dies gelungen ist, wird dieses Review beleuchten.

 

Es begab sich also zu der Zeit …

… dass ein gewisser Meisterdieb Namens Garret seinem nächtlichen Tagewerk nachging, unbescholtenen Bürgern bei der Umsetzung des biblischen Gebots von „Geben ist Seeliger denn Nehmen“ zu helfen. Ein Rumpeln. Eine Störung. Erin, die ehemalige Schülerin des Meisterdiebs, betritt den Tatort. Schon nimmt das Game den Spieler mit auf die Reise tief in die Welt von „Thief“. Wie allgemein üblich beginnt das Spiel mit einem Prolog, der in der Form eines Tutorials dem Spieler die Steuerung des Spiels zeigt. „Thief“ führt dabei auch geschickt in die zugrundeliegende Story ein und macht Spielern, die die Welt von „Thief“ bisher noch nicht kannten, mit den Gegebenheiten der Game-Welt vertraut.

Hoch über den Dächern „der Stadt“ - wie in „Thief“ üblich erfährt der Spieler nie den eigentlichen Namen - macht sich Garret mit Schleichen, Springen und Sprinten vertraut, aber auch mit dem Schlösserknacken, der Benutzung seiner Waffen, dem Fallenfinden oder wie man mit unvorsichtigen Wachen umgeht. Geschickt wird der Spieler dabei zum Höhepunkt des Prologs geleitet, der bizarren Zeremonie in Northcrest Manor zu deren Misslingen Garret und Erin nicht unerheblich beitragen.

Schon die ersten Minuten von „Thief“ erinnern stark an die vorhergehenden Teile der Reihe. Natürlich ist dies beabsichtigt, macht es aber auch schwer, das Spiel nicht direkt mit den Vorgängern zu vergleichen. Square Enix und Eidos sprachen immer davon, die Serie neu zu beleben und niemals davon, einen Nachfolger zu kreieren. Durchaus ein schwieriger Spagat, einerseits das Gefühl aus den alten Teilen herüberzuretten und andererseits den Erwartungen an ein Next-Gen-Spiel gerecht zu werden, denn wie alles im Leben unterliegen auch Spielgepflogenheiten der Mode.

Bereits mit Kapitel eins des Abenteuers weicht „Thief“ von seinen Vorgängern ab. War Garret in der Vergangenheit der verärgerte Ausgestoßene, wird in diesem Spiel nicht ganz klar, warum der Meisterdieb ein eigenbrötlerischer Eremit ist. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit seit dem tragischen Ereignis von Northcrest Manor, macht sich Garret auf, die Geheimnisse zu erkunden, die in dieser verlorenen Zeitspanne liegen. Dabei trifft er auf Basso, seinen Hehler und Auftraggeber, der aus der alten Reihe herüber gerettet wurde. Von ihm bekommt Garret seine Aufträge bzw. die Quest-Starts für ein neues Kapitel der Hauptstory.

Hier ist anzumerken, dass die Entwickler in guter alter „Thief“-Manier „die Stadt“ als neutrales Revier etabliert haben, in der der Meisterdieb nach Belieben auf Beutezug gehen kann, ohne Haupt- oder Nebenquests zu stören. Leider ist das mit der versprochenen offenen Welt nicht ganz so weit her. Auf seinen Streifzügen quetscht sich Garret immer wieder durch enge Spalten oder hebelt Fenster auf. In den darauf folgenden Animationen sind Ladesequenzen versteckt, die neue Karten laden. An und für sich nicht schlimm, da dies ein probates Mittel in der Spieleentwicklung ist, wenn es nur nicht so offensichtlich wäre. Außerdem wiederspricht es dem versprochenen Open-World-Charakter, in dem alles mit allem interagiert.

Aufträge und Storyline-Abenteuer erledigt der Meisterdieb dann in Nebenkarten außerhalb des Stadtzentrums. Hier vermisst der Spieler auch sehr bald ein Schnellreisesystem. In der einen oder anderen Form in vielen Spielen integriert, erlaubt es dem Spieler, augenblicklich an den Ort des Geschehens zu gelangen. Leider nicht in „Thief“. Hier quält sich Garret für jeden Hauptquest und jeden Nebenauftrag immer wieder durch das Stadtzentrum mit all seinen Ladescreens. Was am Anfang noch eine gute Übung ist, um besser mit der Mechanik des Schleichens, Gehens und Sprintens vertraut zu werden, wird im Spielverlauf dann doch zu einer leicht nervenden Aufgabe.

Ein Wort noch zu der Unterteilung des Stadtzentrums in neutrale Karte, Haupt- sowie Nebenaufgaben. Obwohl dieses System aus den alten Teilen der „Thief“-Reihe bekannt ist, haben es die Entwickler leider nicht geschafft, dabei die atmosphärische Dichte der Geschichte aufrechtzuerhalten. Natürlich ist es schön, wenn der Spieler selbst entscheiden kann, ob er eigenmächtig auf Beutezug geht, ob er einen Sidequest ausführt oder ob er mit der Hauptstory weiter gehen will. Dies verwässert aber doch etwas die zugrundeliegende Geschichte und kann „Thief“ etwas seicht, ohne Tiefgang, machen. Hier wäre wohl der Ansatz besser gewesen, Nebenaufträge mit in den Haupterzählstrang einzubauen.

Dagegen sehr lobenswert und innovativ ist eine bemerkenswerte Neuerung, die dem Spieler mehr „Gewalt“ über den Schwierigkeitsgrad gibt. Zwar verfügt „Thief“, wie bei anderen Spielen üblich, über einen Satz vordefinierter Schwierigkeiten, diese können aber nach eigenem Gusto noch verändert werden. So kann der Spieler u. a. entscheiden, ob er alle Upgrades, die die Fähigkeiten von Garret verbessern, abschaltet, ob er nur vordefinierte Speicherpunkte zulassen will oder ob die Entdeckung durch eine Wache automatisch zum Missionsabbruch führt. Dabei wird versucht, mit Hilfe von Multiplikatoren und vordefinierten Punktwerten eine Vergleichbarkeit in den Bestenlisten zu gewährleisten.

Des Weiteren ist „Thief“ sehr gut für Kontroller optimiert. Gerade bei Spielen, die so intensiv auf Schleichen und Lautlosigkeit aufbauen, ist die Bewegungssteuerung ein entscheidender Faktor. Hier wurde offensichtlich sehr intensiv gearbeitet und so ist Garret einfach und sehr feinfühlig mit den Sticks eines Kontrollers zu steuern. Geradezu spielerisch gelingt es einem, den Meisterdieb absolut lautlos über Glas oder in Wasser schleichen und in anderen Situationen schnell von einer Deckung in die andere sprinten zu lassen.

 

Grafik

Für die Grafik von „Thief“ ist ein Wort zutreffend: opulent. Schon mit der etwas veralteten DX10-Grafikkarte des Testrechners lassen sich, mit etwas Geschick bei den Einstellungen, beeindruckende Bilder auf den Monitor zaubern. Das Spiel schafft es dabei vorzüglich, die düstere, dunkle Stimmung der Geschichte mit eindringlichen Bildern zu untermalen. Dabei wurde ebenso viel Aufmerksamkeit auf die Animationen wie auf die eigentlichen grafischen Effekte gelegt. Hier ein unheimlicher Nebel der durch die dunkle Gasse wabert, dort ein Wachmann, der in kaltschnäuziger Selbstverständlichkeit einen Bürger vom Leben in den Tod befördert.

Durchaus keine leichte Aufgabe, die vielen Nuancen von Schwarz, die bei einem Schleichabenteuer nun einmal vorherrschen, attraktiv und abwechslungsreich aussehen zu lassen. Das Spiel schafft dies jedoch. Den Entwicklern gelingt es dabei sehr gut, den einzigartigen Stil der „Thief“-Reihe, der aus einer Mischung aus mittelalterlichem Mystizismus und industrieller Revolution besteht, zu replizieren. Genauso hervorzuheben ist, dass speziell in Nebenmissionen nie der Eindruck entsteht, hier wurde zeitsparend mit Copy & Paste gearbeitet.

Viel Aufmerksamkeit wurde auch der Umgebungsdarstellung gewidmet. Verständlich bei einem Spiel, bei dem es intensiv darauf ankommt, mit der Welt zu interagieren und zu verschmelzen. Klar sind einzelne Bodentexturen zu erkennen und somit von vornherein ersichtlich, hier könnte es etwas lauter werden, dort kann man ‚sorglos‘ schleichen. Auch die einzelnen Versteckmöglichkeiten sind klar und abwechslungsreich herausgearbeitet. Lediglich die Licht/Schatten-Darstellung ist etwas ungenau. Der Spieler kann teilweise nicht so einfach erkennen, ab wann er in einer Situation im Licht und damit klar erkennbar und ab wann er in den Schatten verborgen ist.

 

Sound

Auch der Sound ist bei „Thief“ mit viel Aufwand und Liebe ausgearbeitet. Zwar wartet das Spiel bei der Musik mit den altbekannten und bei vielen Spielen monierten Soundschleifen auf, die auf Dauer leicht nervend werden, aber immerhin wurde auch in diese kurzen Sequenzen mehr Mühe als sonst üblich investiert. Klar erkennbar sind diverse Untermalungen für verschiedene Situationen, die durchaus mit zur Stimmung im Gesamtbild beitragen.

Viel wichtiger als die Musik sind jedoch die Geräuscheffekte. Hier wartet „Thief“ mit einem ganzen Arsenal auf. Allein schon die Trittgeräusche von Garret auf verschiedenen Untergründen und in verschiedenen Laufgeschwindigkeiten sind beachtlich und durchaus auch „lebenswichtig“. So hat der Spieler ein direktes akustisches Feedback, wie gut der Akteur in einer Situation zu entdecken ist. Auch die Umgebungsgeräusche sind durchaus vielfältig. So stören das Prasseln von Regen oder der Donner von Gewittern den Meisterdieb dabei, seine Umgebung nach Gefahren auszuhorchen. Wachen und andere Gefahren geben mit Unterhaltungen oder sonstigen Lautäußerungen Hinweise, hinter welcher Ecke es gefährlich werden könnte.

Auch die Sprachausgabe ist bei dem Spiel gut gelungen. Viele unterschiedliche Sprecher mit durchaus markanten Stimmen hauchen den einzelnen Figuren zusätzliches Leben ein. Wenn auch Unterhaltungen im normalen Spielgeschehen ehr unüblich sind, jedenfalls von Garret, so kommen doch immer wieder launige Kommentare oder geflüsterte Hinweise über seine Lippen. Wenn es denn doch zu längeren Unterhaltungen kommt, meist in Zwischensequenzen, dann wartet „Thief“ mit der sarkastisch-zynischen Ader auf, die in der gesamten Spielereihe anzutreffen war.

Zum Abschluss noch der offizielle Launch-Trailer:


Fazit

Ist es Eidos und Square Enix gelungen, mit „Thief“ der alten Spielreihe neues Leben einzuhauchen? Ja, allerdings mit einem „aber“. „Thief“ ist ein ausgezeichnetes Spiel, das in der Tradition seiner Vorgänger steht, ohne diese zu sehr zu kopieren und damit in alten Mustern festzustecken. Leider trüben kleine handwerkliche Unzulänglichkeiten ab und an den Spielspaß und bisweilen hat man das Gefühl, das Ziel ein umwerfendes Spiel für die Möglichkeiten von Next-Gen-Konsolen wie PS4 oder Xbox One zu kreieren war höher priorisiert, als der eigentliche Spielinhalt oder die Spielmechanik. Dies ist jedoch Jammern auf hohem Niveau. „Thief“ ist ein absolutes Muss für alle, die einfach nicht genug von Stealth-Abenteuern bekommen können. (Bernd Kasperidus)



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2016-02-07 16:51:34... - uros

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