Wistiki

Wer zu den bemitleidenswerten Menschen gehört, die ständig Dinge verlegen und daher die meiste Zeit auf der Suche nach ihrem Schlüsselbund, der Geldbörse, dem Smartphone, ihrer Katze oder ihren Kindern sind, sollte sich über ein kleines Gadget namens "Wistiki" freuen. Der kleine Kasten verspricht, alles beieinanderzuhalten. Wie gut das klappt, soll dieser Test klären.

 

 

WYSIWYG?

 

Die Verpackung, hauptsächlich aus Pappe, lässt sich angenehm öffnen und kommt umweltfreundlich daher. Auf eine sinnflutsichere Plastik-Overkill-Box, für die man eine WMF-Küchenschere benötigt, wurde zum Glück verzichtet.

 

In der Hand hält man anschließend ein Quadrat mit einem Anhänger samt Mini-Schlüsselring sowie eine zweiseitige Klebefolie, um das Gerät an alles dranzukleistern, was nicht in die Hosentasche passt.

 

Die zugehörige App gibt es für Android und iOS. Windows Phone bleibt außen vor, aber wen kümmert das? (Statistisch gesehen knapp 3 % aller Smartphone-Besitzer.)

 

Getestet wurde hier unter Android 5.0.1 auf einem klugen Telefon von LG. Leider lässt sich die Applikation nicht auf die externe Speicherkarte verschieben – das ist schlecht. Die Einrichtung ist denkbar einfach. Nach der Registrierung mit E-Mail-Adresse und Passwort darf der Neukunde loslegen. Die mitgelieferte Batterie ins passende Fach geschoben, Bluetooth aktiviert, das Kind auf einen Namen getauft (das ist sinnvoll, falls man mehrere davon erwerben möchte), und schon darf etwas verloren werden. Unangenehm bis zu diesem Punkt fällt die Verarbeitung des Kästchens auf: die wirkt wenig wertig; das Plastik ist zu weich und lädt zum Verbiegen ein. Die Kante zwischen Ober- und Unterseite ist zu weit und sieht ein wenig nach Sollbruchstelle aus. Das Batteriefach lässt sich mit einem scharfen Gegenstand öffnen – die Frage ist nur, wie oft. Eine Schraube am Unterboden wäre da sicher sinnvoller gewesen. Nach nur zweimaligem Öffnen sieht dieser Part schon gut verhunzt aus.

 

Wer sich so ein Teil zulegen möchte, sollte zuvor auf die Kompatibilität achten. Ab einem iPhone 4S sowie Android 4.4 Kitkat ist die App lauffähig, jedoch nicht auf allen Android-Geräten. Auf einem Trekstor-Tablet mit Android 5.1 ließ sie sich nicht mal im Google Play Store auffinden. Wozu auch, wenn sie ja doch nicht drauf läuft?

 

 

Why sticky?

 

Dabei ist das Prinzip hinter "Wistiki" denkbar einfach und fast schon ein wenig genial: Im Normalfall haben technisch versierte Menschen ein Smartphone immer in Reichweite. Ebenfalls in der Nähe sollten Dinge sein, die nicht verloren gehen sollen. Entschlüpft nun beispielsweise der Schlüsselbund, kann er mit Hilfe des eigenen Telefons durch das Senden eines akustischen Signals wieder geortet werden. Dazu jedoch gleich eine Warnung vorweg: "Wistiki" selbst hat keinen GPS-Empfänger.

 

Die Karte auf der App zeigt lediglich den letzten bekannten Standpunkt sowie einen Zeitwert, welcher zwischen dem letzten Kontakt und der aktuellen Uhrzeit liegt, an. Das heißt nun eben genau nicht, dass der aktuelle Standpunkt des Schlüssels erfahren werden kann. Es wird nur verraten, wo dieser verloren wurde. Die Auflösung der Karte ist dabei alles andere als akkurat. Das wäre so weit auch nicht schlimm, wenn man denn nun wüsste, in welcher Kneipe der Schlüsselbund liegen geblieben ist, so dass die gesamte Tour nicht wiederholt werden muss. Der Test hat jedoch gezeigt, dass darauf in der Praxis wenig bis kein Verlass ist.

 

 

Whiskey weg!

 

Als kleines Schmankerl gehen das Suchen und Finden auch andersherum. Der einzige Knopf am Gerät lässt das Telefon piepsen. Im Gegensatz zu dem, was das "Wistiki" an Dezibel heraushaut, ist der Telefonsound schon wesentlich besser wahrnehmbar. Leider funktioniert das genauso schlecht wie alles andere. Ist das Telefon in einem Stand-by-Modus (im Testfall reichte es aus, wenn sich das Display abgeschaltet hatte, was bei Smartphones aufgrund der begrenzten Akkuleistung grundsätzlich keine dumme Idee ist), piepst genau gar nichts mehr.

 

Großer Nachteil ist die App selbst, denn diese muss immer laufen, sonst geht das nicht mal bei abgeschaltetem Stand-by. Das kostet wiederum Akkuleistung plus Arbeitsspeicher. Ein Dienst welcher im Hintergrund liefe, wäre da sinnvoller gewesen.

 

Die Lösung des Problems der geringen Reichweite heißt "Community". Erreicht ein Wistiki-Signal das Handy eines beliebigen Wistiki-Nutzers, wird die ID des Geräts durch die vernetzten Benutzer anonym an das eigene Telefon übertragen. Wie gut das funktioniert, konnte leider aufgrund mangelnder Nutzerzahlen nicht überprüft werden.

 

Die Menge der gedachten Einsatzzwecke fällt nach einiger Betrachtung leider wie ein schlecht gebautes Kartenhaus in sich zusammen. Die Entwickler zeigen diese anhand von Icons in ihrer App auf. Nur potenzielle Tierquäler dürften so ein Teil ihrem Stubentiger umhängen wollen, um diesen dann mit einem nervigen Gepiepse wieder aus dem Schlaf zu reißen. Ganz abgesehen davon, dass ein "Wistiki" einen typischen Katzenalltag nicht allzu lange überlegen dürfte, von Kleinkindern einmal ganz zu schweigen. Insgesamt sind die Maße mit 3,5 cm Länge mal Breite und 7 mm Höhe einfach zu klobig für die bereits genannten Zwecke. Der Schlüsselbund wird dadurch noch dicker, als er in den meisten Fällen eh schon ist. An einem Katzenhalsband dürfte das Teil auch nur stören.


Fazit

Liebe Entwickler, ich gratuliere euch hiermit ganz herzlich zu der Viertelmillion US-Dollar, die ihr durch eine gelungene Crowdfunding-Aktion einsacken konntet. Hättet ihr diese nicht in etliche Kneipentouren investiert, sondern wirklich in die Entwicklung der Hard- und Software, hätte dabei durchaus etwas Brauchbares herauskommen können. Mein Tipp somit an euch: Wistiki 2.0, falls noch nicht alles Geld verprasst wurde. Keyfinder gibt es mittlerweile nämlich wie Sand am Meer.(Daniel Liebeherr)


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